Sehr geehrter Oberbürgermeister,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Buchheit,
liebe Anwesende,
heute geben wir den Startschuss für die Umsetzung des Startchancen-Programms in unserer Stadt. Das ist grundsätzlich eine sehr gute Nachricht. Dieses Programm bietet reale Chancen, denn es stellt endlich erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung, um Schulen in herausfordernden Lagen gezielt zu stärken, Lernumgebungen zu verbessern und die so oft beschworene Bildungsgerechtigkeit zu fördern.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Bund erkannt hat, dass Bildungserfolg nicht allein von pädagogischem Idealismus, sondern auch von realen finanziellen Ressourcen lebt. Manche würden sagen, das ist eine bahnbrechende Erkenntnis der Bildungspolitik. Aber besser spät als nie.
Gleichzeitig dürfen wir uns nicht der Illusion hingeben, dass zusätzliche Fördermittel allein die strukturellen Ursachen von Bildungsungleichheit beseitigen.
Einen Punkt müssen wir offen und ehrlich benennen: Die Tatsache, dass in Freiburg 21 Schulen in dieses Programm aufgenommen wurden. Damit liegen wir in Baden-Württemberg auf Platz drei, hinter Mannheim und Stuttgart. Man könnte das sportlich sehen – Bronze ist schließlich auch eine Medaille –, aber ganz ehrlich: Dieses Ranking muss uns zutiefst nachdenklich machen.
Diese Zahl wirft eine unbequeme, aber notwendige Frage auf: Warum haben wir in Freiburg überhaupt so viele Schulen, die für dieses Programm ausgesucht werden mussten?
Wenn wir von Chancengleichheit sprechen, müssen wir ehrlich sein: Chancengleichheit ist nicht primär ein pädagogisches Thema. Sie ist vor allem eine sozialpolitische Querschnittsaufgabe. Sie hängt unmittelbar mit unserer Wohnraumpolitik, unseren Maßnahmen gegen Armutsrisiken, unserer Quartiersentwicklung und unserer sozialen Infrastruktur zusammen.
Das bedeutet, hier ist die gesamte Stadtpolitik gefordert, nicht nur ein einzelnes Dezernat.
Bildung ist keine Aufgabe eines einzelnen Fachbereichs. Bildung ist ein gesamtgesellschaftliches Thema und eine Querschnittsaufgabe der gesamten Stadtverwaltung.
Deshalb halte ich es für kritisch, wenn der Eindruck entsteht, die notwendige kommunale Kofinanzierung des Startchancen-Programms stamme im Wesentlichen aus Budgets des Schuldezernats oder einzelner Fachämter.
Wenn wir es ernst meinen mit Chancengerechtigkeit, dann müssen diese Mittel aus dem Gesamthaushalt der Stadt bereitgestellt werden – als gemeinsame Verantwortung aller Dezernate und aller politischen Kräfte. Wir dürfen nicht in die Situation kommen, in der Bildungsinvestitionen zu einem internen Verteilungsspiel werden, bei dem das Schuldezernat an anderer Stelle kürzen muss, um die Kofinanzierung zu stemmen. So sollte Bildungspolitik nicht organisiert sein.
Das Startchancen-Programm darf nicht dazu führen, dass andere Schulen in unserer Stadt sich als „Schulen zweiter Klasse“ fühlen. Förderprogramme dürfen keine neuen Ungerechtigkeiten im System erzeugen. Sonst wird aus dem Startchancen-Programm am Ende ein Startschwierigkeiten-Programm für die übrigen Standorte.
Deshalb fordern wir maximale Transparenz: Transparenz darüber, wie die Mittel verteilt werden. Transparenz darüber, welche Wirkung tatsächlich erreicht wird. Transparenz darüber, wie wir sicherstellen, dass nicht nur einzelne Standorte profitieren, sondern unser gesamtes Bildungssystem in Freiburg gestärkt wird.
Ich halte dieses Programm für eine echte Chance und natürlich stimmen wir gerne der Drucksache zu.
Vielen Dank.