Ob in Kitas oder in der Schulkindbetreuung: Hier wie da herrscht großer Mangel an Fachkräften. Aus
unserer Sicht ist das Problem hausgemacht.
Seit vielen Jahren verschärfen sich die Arbeitsbedingungen insbesondere für Erzieher:innen, verbunden mit einem Mangel an Wertschätzung. Bei den letzten Tarifverhandlungen gab es von den kommunalen Arbeitgebern lange kein Angebot. Viele freie Träger sind nicht einmal tarifgebunden, die Bezahlung noch schlechter. Schon 2011 wurden für die Kitas zwar verbindliche Bildungs- und Erziehungspläne festgeschrieben, die Eingruppierung blieb hingegen gleich. Während die Anforderungen stetig steigen, mündeten sie schon vor und erst recht mit Corona vielfach in der Überforderung. Kürzungen der Personalbudgets und der Stopp des Ausbaus der Schulkindbetreuung taten ein Übriges zur weiteren Anspannung. Verstärkt hat sich der Mangel an Fachkräften auch, weil in der Schulkindbetreuung nicht Pädagog:innen, sondern die geringer dotierten Erzieher:innen eingesetzt werden. Wen wundert es also, dass immer mehr aus diesem Beruf aussteigen oder ihn gar nicht erst wählen?
Keine Besserung in Sicht!
So werden wir aktuell zeitgleich durch die Stadt damit konfrontiert, die Qualität in der Schulkindbetreuung abzusenken. Gleiches hat das Land für die Kitas beschlossen. An den Schulen soll der Betreuungsschlüssel von zehn auf zwölf pro Gruppe und in den Kitas nicht nur die Gruppengrößen erhöht, sondern auch noch die fachlichen Standards für das Personal abgesenkt werden. Ein entsprechendes polizeiliches Führungszeugnis und ausreichende Deutschkenntnisse ohne pädagogische Ausbildung sollen genügen, um als Zweitkraft in einer Gruppe zu arbeiten, falls ein Fünftel des Personals fehlt, bis zu acht Wochen auch als Alleinkraft. Von einer pädagogischen frühkindlichen Förderung sprechen wir bei diesen abgesenkten Standards gewiss nicht mehr, allenfalls noch von Aufbewahrung. Damit gerät auch der Kinderschutz vor Kindeswohlgefährdungen in große Gefahr. Obendrein steigt die Belastung für das Kita-Personal noch weiter an, und der Job wird noch unattraktiver.
Die allermeisten Eltern nehmen es wohl klaglos hin aufgrund ihrer Berufstätigkeit. Wer es sich leisten kann, wird teures Geld für Privatschulen und Kitas mit höheren Standards ausgeben. Wer das nicht kann, deren Kinder bleiben unter ihren intellektuellen Möglichkeiten oder gar ganz auf der Strecke.
Wir fordern der frühkindlichen und schulischen Bildung – auch in finanzieller Hinsicht – nun endlich höchste Priorität einzuräumen. Eine gute Bildung für alle Kinder ist das stärkste Kapital dieses Landes, mehr soziale Nachhaltigkeit geht nicht.
- Irene Vogel / Emriye Gül / Günter Rausch