Der Stühlinger Kirchplatz ist tagsüber ein beliebter Treffpunkt für Familien, Freund:innen und Marktbesucher:innen – einladend, freundlich und weltoffen. Doch mit Einbruch des Abends verändert sich die Stimmung. Das Konzept für einen sozial-integrativen Platz soll daher viele Menschen mitnehmen: Anwohner:innen ebenso wie die unterschiedlichen Nutzer:innengruppen.
Ein lebendiger Platz mit Potential
Wir freuen uns, dass bereits einiges umgesetzt wurde: Die Toiletten sind geöffnet, die Bepflanzung wurde verändert und neue Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen ein. Der Kulturkiosk befindet sich derzeit im Bau, das Richtfest ist für Anfang Oktober geplant. Diese Schritte machen deutlich, dass der Kirchplatz mehr sein kann als sein Ruf. Er kann ein Ort der Begegnung und des Miteinanders werden.
Doch statt diese positiven Entwicklungen konsequent fortzuführen, setzt die Stadt nun vor allem auf sicherheitspolitische Maßnahmen.
Videoüberwachung statt echter Lösungen?
Um sich als handlungsfähig zu inszenieren und das subjektive Sicherheitsgefühl zu stärken, hat OB Horn für den Stühlinger Kirchplatz eine Messerverbotszone eingeführt. Wenn es nach der Polizei geht, soll dieses Sicherheitsgefühl künftig auch durch eine flächendeckende Videoüberwachung bedient werden.
Wir verstehen die Sorgen der angrenzenden Schulen, die Verantwortung für die Sicherheit der Kinder und Jugendlichen tragen. Aber: Gehört eine Videoüberwachung wirklich zu einem lebendigen und offenen Platz? Wir meinen: Nein! Videoüberwachung mag zwar punktuell bei der Aufklärung von Straftaten helfen, verhindern kann sie diese jedoch nicht. Häufig führt sie lediglich zu einer Verlagerung von Straftaten an andere, unüberwachte Orte.
Darüber hinaus greifen öffentliche Kameras tief in die Privatsphäre und die Persönlichkeitsrechte der Menschen ein. Digitale Souveränität darf kein bloßes Schlagwort bleiben, sondern muss gerade jetzt, wo Baden-Württemberg die umstrittene Überwachungssoftware der US-Firma Palantir eingeführt hat, konsequent umgesetzt werden. Wir brauchen Vertrauen in die Stärke sozialer Maßnahmen statt blinden Vertrauens in Kameras.
Was wirklich hilft, ist mehr soziale Präsenz auf dem Platz: Streetworker:innen, kulturelle Angebote und Aufenthaltsqualität für alle. Sicherheit entsteht nicht durch Kontrolle, sondern durch lebendige Nachbarschaften und das Gefühl, willkommen zu sein. Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass der Stühlinger Kirchplatz ein Ort bleibt, an dem sich alle Menschen gerne und frei bewegen können.
Genießen Sie den Sommer mit Ihrer eigenen Kamera, ohne Überwachung.