Anfrage: Grundsteuer in Freiburg

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Breiter,

herzlichen Dank für die Zusage, zum Thema Grundsteuer was im HFA zu sagen.

Wie zugesagt, anbei ein paar Ausführungen unsererseits dazu. Vielleicht hilft es der Vorbereitung.

In den letzten Monaten sind immer wieder Bürger:innen schriftlich an uns herangetreten, zuletzt auch in persönlichen Gesprächen, mit vielen Fragen rund um die neue Grundsteuer und auch Hinweisen aus sich daraus ergebenden Problemlagen. Hinzugekommen sind zudem eigene Fragen.

Die Grundsteuer setzt sich bekanntlich aus verschiedenen Schlüsselwerten zusammen. Hier vor allem dem Hebesatz und dem Bodenrichtwert.

Die Grundsteuer soll auf kommunaler Ebene nicht zu Mehreinnahmen führen und aufkommensneutral gestaltet werden. So kann man es auf diversen Websites des Bundes und des Landes lesen.

Das bedeutet voraussichtlich, dass der Hebesatz in Freiburg angepasst, bzw. nach unten korrigiert werden muss. Konkrete Aussagen kann man den Bürger:innen dazu aktuell aber nicht machen, die aber dennoch jetzt mit Bescheiden konfrontiert werden, die – auf Basis des bestehenden Hebesatzes – teils enorme Kostensteigerungen prognostizieren.

Gleichzeitig steigen die Bodenrichtwerte in Freiburg seit Jahren und sind zum Teil auch nur wenig aussagekräftig, wenn z.B. eine Ebene, vollkommen bebaubare Fläche, mit einer Schrägen, nicht vollständig bebaubaren Fläche gleichgesetzt wird ODER z.B. kein ausreichender Unterschied in Bezug auf die Lagequalität der Grundstücke (nähe Straße, ruhige Lage usw.) gemacht wird. Zudem sind die Bodenrichtwerte grundsätzlich das Ergebnis eines vollkommen überhitzten Marktes. Eine einstige Abeiter:innen-Siedlung, mit entsprechender Einkommensstruktur, wird so zum Luxuswohngebiet.

Unklarheiten in Bezug auf den konkreten Hebesatz ab 2025 und Probleme bei der Bodenrichtwert-Festlegung, sowie eine unmittelbare Einspruchsfrist (4 Wochen ab Bescheid), trotz diverser Unklarheiten führen vielfach zu Verunsicherungen und politischem Handlungsbedarf.

Meine Fragen bzw. aufgetauchte Problemlagen;

  1. Welche Möglichkeiten sieht die Stadt hier insgesamt auf kommunaler Ebene nachzusteuern? Können ggf. frühzeitig Aussagen zum künftigen Hebesatz gemacht werden, die die Verunsicherung eindämmen? Kann in einem der nächsten Amtsblätter über das Thema Grundsteuer informiert werden und der Verunsicherung entgegengewirkt werden? Gibt es Möglichkeiten auf das Verfahren zur Ermittlung der Bodenrichtwerte einzuwirken?
  2. Wie wird die Stadt bzgl. der Ermittlung einer aufkommensneutralen Festlegung des Hebesatzes weiter vorgehen? Wann kann mit einer ersten Prognose gerechnet werden, bei welcher Höhe der Hebesatz dafür in Freiburg liegen müsste?
  3. Bekanntlich hat das Land BW einen zunächst besonders einfachen Weg der Grundsteuerermittlung gewählt, der Grundstückdetails, wie z.B. alter des Gebäudebestands, nicht mitberücksichtigt. Sieht die Stadt hier eine Möglichkeit der Nachbesserung, bzw. eines politischen Zugehens auf das Land, vor allem mit dem Ziel mittelschichtige Eigentümer, die vor langer Zeit, mit geringem Einkommen, ihr Eigentum erworben haben, und jetzt, bei gleichem Einkommen und gestiegenem Bodenrichtwert, vor enormen Steuersummen stehen.
  4. Aus dem Bereich der Innenstadt wurde uns die Sorge gemeldet, dass die künftige Umlegung, der hier sicher steigenden Grundsteuern, auf die Mieten von Laden- und Geschäftsräumen, einen Geschäftsbetrieb in der Innenstadt, zu den bestehenden Belastungen, nochmal mehr belastet. Zum Teil kommt es schon jetzt zu Probleme, da man langfristige Verträge, über 2025 hinaus, meidet angesichts der steigenden Kosten. Gerade im Geschäftsbereich ist die Umlegungsfähigkeit der Grundsteuer auf die Nebenkosten meist in den Mietverträgen festgelegt.

Unterm Strich ist mein Anliegen vor allem 1. den verunsicherten Bürger:innen Klarheit zu verschaffen, 2. Ungerechte Härten und Verzerrungen bei der Steuererhebung zu vermeiden und 3. frühzeitig noch alle Möglichkeiten zu nutzen, etwaige gemacht Fehler bei der Gesetzgebung im Sinne der Kommunen und ihrer Bürger:innen zu korrigieren.

Mit den besten Grüßen
Gregor Mohlberg
Stadtrat


Antwort der Verwaltung:

Sitzung HFA am 27.02.2023: Informationen zur Grundsteuer unter TOP Verschiedenes (nö Teil)

Sehr geehrter Herr Mohlberg,

ich nehme Bezug auf meine Ausführungen zur Grundsteuer im nichtöffentlichen Teil des HFA am 27.02.2023 und lasse Ihnen meine Antworten zu Ihren Fragen hiermit gerne auch schriftlich zukommen.

  1. Welche Möglichkeiten sieht die Stadt hier insgesamt auf kommunaler Ebene nachzusteuern? Können ggf. frühzeitig Aussagen zum künftigen Hebesatz gemacht werden, die die Verunsicherung eindämmen? Kann in einem der nächsten Amtsblätter über das Thema Grundsteuer informiert werden und der Verunsicherung entgegengewirkt werden? Gibt es Möglichkeiten auf das Verfahren zur Ermittlung der Bodenrichtwerte einzuwirken?

Zum künftigen Hebesatz können voraussichtlich erst frühestens Mitte 2024 konkrete Aussagen gemacht werden (vgl. hierzu die Beantwortung zu Frage 2.) Gemeinsam mit der Redaktion des Amtsblatts wird gerade eine Information zur Grundsteuer vorbereitet, die in Kürze erscheinen wird. Die Verunsicherung entsteht vor allem dadurch, dass die neuen Grundsteuermessbeträge z. T. deutlich über den bisherigen Messbeträgen nach „altem Recht“ liegen. Unabhängig davon, wie ein zukünftiger Hebesatz ausfallen könnte, wird bei einer Vielzahl von Grundstücken selbst eine deutliche Absenkung des Hebesatzes nicht dazu führen, dass für alle Grundstücke eine Erhöhung der Grundsteuer vermieden werden kann. Andererseits wird die zu bezahlende Grundsteuer bei einigen Grundstücken auch geringer ausfallen als bisher. Die hieraus resultierenden Unsicherheiten werden für viele Bürger_innen erst einmal bestehen bleiben.

Das Gesetzgebungsverfahren zur neuen Grundsteuer ist abgeschlossen. Das Land Baden-Württemberg hat sich bewusst dazu entschieden, den Bodenwert als nahezu alleinigen Maßstab zur Berechnung des Grundstückswertes heranzuzie-hen. Nach den bisherigen Aussagen der Landesregierung wird an diesem Grundsteuermodell trotz der vielfältigen Kritik festgehalten. Für die Stadt ergeben sich keine Möglichkeiten, hieran etwas zu ändern. Das Verfahren zur Ermittlung der Bodenwerte ist ebenfalls gesetzgeberisch gere-gelt worden. Einwirkungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene bestehen nicht.

  1. Wie wird die Stadt bzgl. der Ermittlung einer aufkommensneutralen Festle-gung des Hebesatzes weiter vorgehen? Wann kann mit einer ersten Prog-nose gerechnet werden, bei welcher Höhe der Hebesatz dafür in Freiburg liegen müsste?

Auch nach einer Empfehlung des Städtetages BW ist davon auszugehen, dass ein neuer Hebesatz erst dann definiert werden kann, wenn für mindestens 80 – 85 % aller Grundstücke ein Grundsteuermessbescheid vom Finanzamt erhalten haben. Dies sollte eigentlich nach dem ursprünglichen Zeitplan innerhalb der 1. Jahreshälfte 2024 der Fall sein. Zwischenzeitlich ist aber die Frist zur Abgabe der Grund-steuererklärungen mehrfach verschoben worden. Unklar ist auch, welche Konse-quenzen sich in zeitlicher Hinsicht aus der Vielzahl der mittlerweile bei den Finanzämtern eingelegten Einsprüche und den bereits anhängigen Klagen ergeben.

Sobald die Summe aller erforderlichen Messbeträge vorliegt, wird diese mit der Summe der Messbeträge nach „altem Recht“ verglichen und danach ermittelt, mit welchem Hebesatz dieselbe Gesamtsumme an Einnahmen wie bisher (Stichwort „Aufkommensneutralität“) erreicht werden kann.

Der neue Hebesatz wird verwaltungsintern bewertet und danach in den Gemein-derat zur Entscheidung eingebracht. Zum aktuellen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass eine solche Berechnung erst im 1. Halbjahr 2024 erfolgen kann. Aussagen zu der möglichen Höhe des Hebesatzes sind bis dahin spekulativ und würden eher die Verunsicherung der Bürger_innen vergrößern.

  1. Bekanntlich hat das Land BW einen zunächst besonders einfachen Weg der Grundsteuerermittlung gewählt, der Grundstückdetails, wie z.B. alter des Gebäudebestands, nicht mitberücksichtigt. Sieht die Stadt hier eine Möglichkeit der Nachbesserung, bzw. eines politischen Zugehens auf das Land, vor allem mit dem Ziel mittelschichtige Eigentümer, die vor langer Zeit, mit geringem Einkommen, ihr Eigentum erworben haben, und jetzt, bei gleichem Einkom-men und gestiegenem Bodenrichtwert, vor enormen Steuersummen stehen?

Das Land hat das Grundsteuergesetz vorbereitet und im Rahmen der Anhörung mit dem Städte- und Gemeindetag kommuniziert. Eine Möglichkeit der Änderung wird nicht gesehen, da jede Änderung des Rechts- und Klagerisiko erhöhen würde.

  1. Aus dem Bereich der Innenstadt wurde uns die Sorge gemeldet, dass die künftige Umlegung, der hier sicher steigenden Grundsteuern, auf die Mieten von Laden- und Geschäftsräumen, einen Geschäftsbetrieb in der Innenstadt, zu den bestehenden Belastungen, nochmal mehr belastet. Zum Teil kommt es schon jetzt zu Problemen, da man langfristige Verträge, über 2025 hinaus, meidet angesichts der steigenden Kosten. Gerade im Geschäftsbereich ist die Umlegungsfähigkeit der Grundsteuer auf die Nebenkosten meist in den Mietverträgen festgelegt.

Gem. § 2 Nr.1 der BetrKV zählen zu den umlagefähigen Betriebskosten die laufen-den öffentlichen Lasten des Grundstücks, hierzu gehört namentlich die Grund-steuer. Da die Miete inkl. Der Nebenkosten zu den Geschäftsaufwendungen zählt, können diese Kosten als Betriebsausgaben steuermindernd angesetzt werden. Ob und wie sich die Mieten für Gewerbeflächen in der Innenstadt zukünftig entwickeln, hängt primär von der Nachfrage ab und kann zum heutigen Zeitpunkt nicht bewertet werden.

Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hin zu weisen, dass in dem gesamten Stadtgebiet nur ein gemeinsamer Hebesatz gelten kann. Es ist also nicht möglich, etwa für den Bereich der Innenstadt einen separaten Hebesatz zu beschließen.

Die übrigen im Gemeinderat vertretenen Fraktionen, Fraktionsgemeinschaften, Grup-pierung und Einzelstadtrat erhalten Nachricht von diesem Schreiben.

Mit freundlichen Grüßen
(Breiter)
Bürgermeister