Betriebe, Schulen und Azubis werden übergangen. Fachkräftemangel geht weiter.

Sehr geehrte Herr Oberbürgermeister, liebe Anwesende,

„Freiburg ist schöner mit Blumen“ und „Hauswirtschaft mit Herz“ haben uns besorgte bis empörte Auszubildende, Beschäftigte, Unternehmer_innen und Gewerkschafter_innen vor der Ausschusssitzung letzte Woche mit auf den Weg gegeben. Heute wäre eine gute Gelegenheit zu zeigen, dass wir, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister nicht nur zuhören können, sondern auch aufeinander zugehen können.

Es ist noch immer beim besten Willen nicht nachvollziehbar, dass zwar eine Regierungspräsidentin und ein Vertreter der IHK in den Schulausschuss eingeflogen wurden, aber die längst überfälligen Gespräche mit den Betroffenen verweigert werden.
Egal mit wem wir reden, alle erklären uns, dass es echte Nachwuchs- und Fachpersonalprobleme im handwerklichen und gewerblichen Bereich gibt. Jede und jeder von uns kennt das, wenn wir dringend Handwerk_erinnen benötigen.

Für die allermeisten Schüler_innen scheint leider der völlig überlaufene Weg in die Gymnasien der Königsweg zu sein.
Dabei hieß es noch vor gar nicht sooo langer Zeit, das Handwerk habe goldenen Boden! … Sicher entscheiden sich heute auch viele junge Menschen, die eigentlich gerne eine Ausbildung machen wollten, angesichts knapper Azubi Vergütung, aufwendiger Wege und/oder unbezahlbarer Unterkunft lieber dafür, zu Hause zu bleiben und weiter die Schulbank zu drücken.

Wir brauchen aber heute und in der alternden Gesellschaft, insbesondere auch im Kindertagesbereich in den multiprofessionellen Teams u.a. die kompetenten Fachkräfte z.B. der Hauswirtschaft. Wir bilden diese hier schon aus!

Wir brauchen Medientechnologie vom Feinsten und dazu gehören auch hochwertige Druckerzeugnisse, zum Beispiel für unsere Tageszeitungen. Wir bilden diese hier schon aus!
Wir brauchen als „grüne“ Stadt neben den Bäuer_innen und Gärtner_innen auch die Florist_innen, die nicht nur unser Auge erfreuen. Wir bilden auch diese jetzt schon aus.

Was uns aber fehlt, sind nachhaltige Strategien, damit wir auch zukünftig z.B. bei unseren Events wunderschöne Blumengebinde, bei Pflegebedürftigkeit professionelle Hauswirtschaftsfachkräfte und medientechnisch hochwertige Druckerzeugnisse haben.

Es fehlen uns Gesamtkonzepte, die in die Zukunft weisen. Es fehlen die Anreize, gute Argumente und Rahmenbedingungen für junge Menschen, diese Berufe zu ergreifen.
Durch die Bündelung von Berufen bestehen hier in Freiburg längst Kompetenzzentren mit anerkannter Expertise und hervorragender Kooperation mit den Betrieben. Jetzt aber – ohne Not – diese bewährten dualen Ausbildungsgänge aus den Freiburger Berufsschulen allmählich aufzulösen und auszulagern, ist kontraproduktiv und für viele Jugendliche demotivierend!

Welcher junge Mensch freut sich schon darauf, jeweils eine Woche lang früh morgens aus dem Freiburger Umland z.B. nach Villingen-Schwenningen und abends wieder zurückzufahren? Oder alternativ die Woche in einem Lehrlingsheim oder einer Jugendherberge dort zu verbringen, während seine/ihre Kumpels oder Freundinnen zum Training in den Verein oder ins Fitnesscenter gehen? Es wurden Auszubildende konkret befragt. Dabei haben 85 % der befragten Auszubildenden dies ganz klar abgelehnt! Wir stehen an der Seite dieser Azubis!

Fakt ist, in unserer Stadt bilden Berufsschulen und Betriebe auch in diesen Ausbildungszweigen seit Jahren hochqualifizierte Fachkräfte zur vollsten Zufriedenheit aus. Die Regierungspräsidentin hat auf unsere Nachfragen eingeräumt, dass sie für ihren Regierungsbezirk sage und schreibe rund 250 Kleinklassen genehmigt hat. Ohne diese Genehmigungen müssten ganze Berufsschulen geschlossen werden.

Sie hat ferner auf unsere Frage zugegeben, dass für die drei Ausbildungsgänge bislang das erforderliche Alarmsignal, nämlich das so genannte „Hinweisverfahren im Rahmen der Regionalkonferenzen“ überhaupt noch nicht eingeleitet worden sei.

Und last but not least gibt es bis heute noch keine schlüssige Erklärung, weshalb die Stadt Freiburg eine groß angelegte Berufsschulstudie in Auftrag gibt, wir aber schon im Vorfeld richtungsweisende Beschlüsse fassen sollten. Wieso warten wir nicht ab?

Böse Zungen behaupten, es gäbe schon Hinweise, wonach auch diese Expert_innen des Gutachtens zu dem Ergebnis gekommen seien, die Auslagerung dieser drei Studiengänge nicht gut zu heißen.
Alle Fakten und viele Fachleute sprechen also für den Verbleib dieser Ausbildungsgänge. Freiburg muss alle Kompetenzzentren in den Berufsschulen, für die Betriebe und vor allem für die Auszubildenden pflegen und erhalten. Freiburg ist eine Stadt der Wissenschaft, sie muss auch eine Stadt der Dualen Ausbildung, hervorragender Berufsschulen und auszubildender Betriebe bleiben! Die Ausbildungsgänge ohne Not abzugeben, wäre unverantwortlich.

Es ist deutlich geworden, dass wird dieser Verlegung der drei Ausbildungsgänge aus Freiburg weg ins Umland nicht zustimmen werden.

Hilfsweise stimmen wir heute dem Antrag zu, hierüber nicht abzustimmen, bis das Gutachten vorliegt und alle notwendigen Gespräche mit den Berufsverbänden und den Berufsschulen geführt sind.
Vielen Dank!