Günters Rede zum Bebauungsplan mit örtlichen Bauvorschriften ‚Im Metzgergrün‘ der Gemeinderatssitzung vom 12.07.2022
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
hätten Sie unserem Absetzungsantrag zugestimmt, wären wir jetzt schon fertig …
Hätte die Verwaltung die vielen durchwegs engagiert geschriebenen und persönlich hoch motivierten Einwendungen von rund 30 Bewohner:innen ernst genommen, wäre dieser Punkt erst gar nicht mehr hier erschienen.
Hätte man den nun vorliegenden Bebauungsplan für ein ökologisch und sozial unbedenkliches Gelände entworfen, hätte er womöglich viel Zustimmung gefunden. Er böte gute Ansätze, um zum Beispiel mit potenziellen Neubewohner:innen in einem kreativen Beteiligungsprozess ein innovatives, zukunftsfähiges Entwicklungsprojekt auf die Beine zu stellen. Aber wir reden hier nicht über unbewohntes Land, denn hier leben Menschen zum Teil seit ihrer Kindheit vor mehr als 60 Jahren.
Hätte, hätte… Fakt ist, dass ein Großteil der Bewohner:innen gerne im Quartier Metzgergrün lebt und sich deshalb ungebrochen gegen diese Pläne wendet. Der gestern an uns alle eingereichte Appell, der innerhalb von wenigen Tagen zustande kam, drückt aus, was viele dort denken.
Fakt ist ferner, dass niemand sich gegen den Bau der Wohnungen auf dem Gelände des ehemaligen Stellplatzes ausspricht.
Damit entstünden, dritter Fakt, genügend Wohnungen in der unmittelbaren Nachbarschaft, um all diejenigen, die aus welchen Gründen auch immer, gerne wegziehen möchten, wunschgemäß wohn zu versorgen.
Dieses Projekt „Caravan-Stellplatz“ könnte abgekoppelt und zügig umgesetzt werden.
Das bedeutet für uns Neudenken und Umdenken.
Also nicht mit dem Kopf durch die Wand, nach dem Motto „Bauen auf Teufel komm raus!“, sondern gemeinsam mit den im Metzgergrün lebenden Menschen nach Kompromissen suchen, die von allen mitgetragen werden können. Der Bau-Bürgermeister will, so hat er es vorhin gesagt, ein „sozial-ökologisches“ Projekt im Metzgergrün. Das ist mit dem bisher eingeschlagenen Weg leider nicht zu erreichen.
Es ist jedenfalls schon viel zu viel zu Bruch gegangen. Stabil sind dagegen bislang die beeindruckenden gewachsenen Nachbarschaften und die lebendigen sozialen Netzwerke, die man nicht einfach umsetzen oder „umzugsmanagen“ kann.
Es ist im Metzgergrün über Jahrzehnte so etwas wie eine „kleine sozial-ökologische Insel“ mitten in der Stadt entstanden, die eigentlich gehegt und gepflegt werden sollte.
Geben wir ihr und uns allen eine Chance, gemeinsam mit der kürzlich beschlossenen „Quartiersarbeit plus“ und gestützt auf das vorbildliche bürgerschaftliche Engagement vieler Bewohner:innen, dass dieses Kleinod auch in der Zukunft unserer Stadt zur Ehre gereicht. Das können wir nur durch den gesondert zu bebauenden WoMO-Stellplatz und das 1-jährige Moratorium erreichen.
Vielleicht, und das ist meine ganz persönliche Vision, verkauft die Stadtbau ja sogar noch dieses Quartier Metzgergrün für 1 €, wie Weiland die Neue Heimat, an die Bewohner:innen, damit sie in Form einer sozial-ökologischen Wohngenossenschaft oder eines Mietshäusersyndikats sich selbstverwalten können.
Denn: Wenn wir nicht zu träumen wagen, passiert, wovor einst Jürgen Habermas warnte: „WO DIE UTOPISCHEN OASEN AUSTROCKNEN, BREITET SICH EINE WÜSTE VON BANALITÄT UND RATLOSIGKEIT AUS“.
Vielen Dank.