Felix‘ Rede zum Freiburger Konzept ‚Öffentlicher Raum – Platzmanagement und Konfliktprävention‘ im Gemeinderat vom 12.07.2022
Herr Oberbürgermeister,
liebe Anwesende,
erstmal möchte ich sagen, dass es grundsätzlich erfreulich ist, dass man scheinbar bereit ist, im Themenkomplex Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum auch mal neue Wege zu gehen. Die Vorlage überrascht auch dahingehend, dass sie erfrischend offen darin ist, dass der bisherige Kurs der Repression gescheitert ist – und dies, wie wir unter anderem im Passus zum Seepark lesen können, auch vor der Kürzung des Vollzugsdienstes im letzten Haushalt – wie Bürgermeister Breiter ja gerade auch nochmal bestätigt hat. Umso unverständlicher ist es, dass heute wieder mal gebetsmühlenartig eine Aufstockung des Vollzugsdienstes beantragt wird. Einstein wird ja in den Mund gelegt, er habe mal wenig schmeichelhafte Dinge über diejenigen gesagt, die immer wieder das Gleiche tun und dabei andere Ergebnisse erwarten. Aber das sei nur am nur am Rande erwähnt.
Die Nachtmediation, die ja die eigentliche Innovation des Konzepts darstellt, müsste konzeptionell noch auf stärkere Beine gestellt werden – bisher ist das alles noch etwas vage und dünn –, aber kann einen Versuch wert sein, wenn sie es denn schafft, tatsächlich als, wie die Vorlage schreibt, Ansprechpartner „unterschiedlicher Interessensparteien auf Augenhöhe“ wahrgenommen zu werden und zu agieren. Und hier sind wir dann auch bei der Krux des Konzepts: Die Ansiedlung des gesamten Projekts beim Amt für öffentliche Ordnung.
Das macht für den Baustein C, den ordnungspolitischen Vollzug natürlich Sinn, für die Bausteine A Prävention und B Lenkende Gestaltung öffentlicher Plätze ist das aber sehr zweifelhaft. Grundsätzlich wird so zementiert, dass die Nutzung des öffentlichen Raums gerade durch junge Menschen weiter primär als ordnungsrechtliches Problem wahrgenommen wird.
So soll z.B. die Kommunale Kriminalprävention vom ASS zum AföO wandern. Es gibt ja auch einen interfraktionellen Änderungsantrag, der das verhindern will, weil es fragwürdig ist, ob das breite Themenspektrum dort weiterhin abgebildet werden würde. Die Verwaltung wünscht sich laut der Vorlage – und das zu Recht – auch mehr Beteiligung junger Menschen. Ob das AföO da große Mobilisierungserfolge haben wird? Ich bin gespannt.
Diese Sorge des Antrags ist nachvollziehbar, aber aus unserer Sicht gelten diese Bedenken für die gesamte Zentralisierung von Aufgaben und Kompetenzen beim AföO wie zum Beispiel die Bereiche Strategieentwicklung, Beteiligung oder konzeptionelle Entwicklung von Nutzungskonzepten. Hier allein die Kommunale Kriminalprävention herauszugreifen, lässt trotz des berechtigten Anliegens die logische Konsequenz vermissen. Daher haben wir diesen Antrag nicht mitunterzeichnet, werden ihm größtenteils aber zustimmen.
Insbesondere die Nachtmediation wird so von Anfang an auf sehr wackeligen Boden gestellt, wenn nicht gar zum Scheitern verurteilt. Die Ansiedlung beim AföO widerspricht völlig der Idee der Allparteilichkeit. Gerade ein präventives Konzept ist besonders stark von Wahrnehmung und Akzeptanz durch die Angesprochenen abhängig. Die Säule der Toleranz lässt grüßen. Das AföO wird von vielen der Nutzer*innen aber nicht als neutraler Akteur wahrgenommen und das macht auch Sinn, weil es das nicht ist. Die Nachtmediation wird so aller Wahrscheinlichkeit nach als kleiner VD wahrgenommen und entsprechend auf sie reagiert werden.
Die Vorlage behauptet, das ÄfoO hätte bereits notwendige Fachkompetenz für Bearbeitung von Nutzungskonflikten und einen allparteilichen Ansatz. Wenn das so ist, stellt sich doch die Frage, warum das Resümee eigentlich so schlecht ausfällt, wie es der Fall ist? Und die Allparteilichkeit wird direkt im Absatz darüber konterkariert, der die aktuell wahrgenommenen Bereiche aufzählt: Sicherheitspartnerschaft mit der Polizei, Ansprechpartner für Verwaltung und Anlaufstelle für Beschwerden – die Nutzer*innen und ihre Belange kommen nicht vor.
Auch die strategischen Aspekte sollen gestärkt werden. Da müsste dann aber mehr rauskommen als beispielsweise ein Glasverbot per Allgemeinverfügung, das nicht nur völlig wirkungslos war, sondern darüber hinaus auch innerhalb kürzester Zeit vom Verwaltungsgericht als nicht rechtmäßig kassiert wurde.
Das AföO hat weder den Track Record noch die gesellschaftliche Stellung, um hier diesen gesamten Bereich mitsamt aller Kompetenzen und Aufgaben abseits des reinen ordnungspolitischen Vollzugs zu zentralisieren. Da wir diese Zentralisierung, die langfristige und nachhaltige Konsequenzen für die unkommerzielle Nutzung des öffentlichen Raums nach sich ziehen wird, für falsch halten, können wir der Vorlage in dieser Form nicht zustimmen. Da wir aber auch, wie zu Beginn beschrieben, die positiven Aspekte des Konzepts würdigen, werden wir es auch nicht ablehnen und uns in Konsequenz bei der Abstimmung enthalten.
Sehr erfreut nehmen wir zur Kenntnis, dass unser Antrag zur Erstellung eines Konzepts für öffentliche Toiletten bei so vielen Fraktionen Zustimmung gefunden hat, dass die Verwaltung ihn übernommen und den zur Öffnung der Toilettenanlage am Stühlinger Kirchplatz zumindest zur Prüfung übernommen hat.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.