Emriyes Rede zum Fahrplan „Impulse Schulische Inklusion“

Portzrai von Eiyre Gül

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Anwesende,

Inklusion beginnt nicht im Erwachsenenalter. Damit Menschen mit Behinderung am
gesamtgesellschaftlichen Leben teilhaben können, bedarf es des frühestmöglichen
Inkludierens.

Vor über 10 Jahren hat Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Sie
besagt, dass die Vertragsstaaten bei der Verwirklichung dieses Rechts sicherstellen, dass: “…
Menschen mit Behinderung nicht aufgrund von Behinderung, vom allgemeinen
Bildungssystem ausgeschlossen werden …“ und weiter: “ … Menschen mit Behinderung
innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung geleistet wird,
um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern.“

Aber erst 2015 wurde das Baden-Württembergische Schulgesetzt dahingehend geändert,
dass die Sonderschulpflicht aufgehoben und somit die Öffnung der Regelschulen für Kinder
mit Behinderung umgesetzt werden konnte.

Trotz dieser Ansagen aus der Politik sieht es mit der Umsetzung eher düster aus. Denn
Baden-Württemberg ist Schlusslicht im nationalen und internationalen Vergleich. Die
meisten Kinder und Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf werden weiterhin separiert
und gesondert beschult. Das führt in vielen Fällen nicht nur dazu, dass Kinder nicht
wohnortnah beschult werden können, was oft als zusätzliche Belastung angesehen wird,
sondern auch zu einer unverhältnismäßigen Bildungsungerechtigkeit. Die Gründe hierfür
sind vielfältig. Zum Beispiel entscheiden sich viele Eltern dafür, ihre Kinder in einem SBBZ
beschulen zu lassen. Sie sind nicht per se gegen Inklusion, sondern sie treffen diese
Entscheidung, weil Inklusion in Regelschulen nicht oder nur ungenügend angeboten wird.
Auch die Ausstattung der Schulen mit viel zu wenig sonderpädagogischem Personal und die
fehlenden barrierefreien Strukturen werden angeführt. Hier ergibt eine Beschulung in den
Regelschulen wenig Sinn, da Kinder mit Behinderung sehr viel mehr Unterstützung brauchen
und diese Anforderungen nicht gewährleistet werden können. So lange die
Rahmenbedingungen nicht gegeben sind, kann hier von einer freien Wahlmöglichkeit für die
Eltern, wie sie vielerorts propagiert wird, nicht die Rede sein. Eltern wollen immer das Beste
für ihre Kinder und jedes Kind hat ein Recht darauf gut beschult zu werden.
Wir wünschen uns, dass Inklusionsplätze an den regulären Schulen ausgebaut werden und
wir wollen, dass es mehr Information von Seiten des Schulamts für die Eltern gibt, wo und
wie Inklusion stattfindet. Und so lange es an regulären Schulen die räumlichen und
personellen Rahmenbedingungen nicht gibt, die es für Schülerinnen und Schüler mit
Behinderungen braucht, sollten wir auch über die Erweiterung in den SBBZ ́s sprechen. Wir
wollen hier keine ideologische Entscheidung treffen, sondern eine Entscheidung zum Wohle
der Kinder.

Bund und Land müssen noch sehr viel leisten, um die Voraussetzungen für eine vollständige
Abschaffung der SBBZ erreichen zu können. Bis es soweit ist, müssen diese entsprechend
ausgebaut, aufgestockt und ausgestattet sein. Es gibt immer noch zu wenig Lehrkräfte mit
einer Sonderpädagogischen Ausbildung, auch in den SBBZ`-s. Es braucht eben zwei
Lehrkräfte in inklusiv beschulten Klassen mit einer regelschul- und sonderpädagogischen
Ausbildung.

Das Ziel muss jedoch sein, eine inklusive Beschulung aller Kinder mit Behinderung in den
allgemeinbildenden Schulen zu erreichen. Hier sehen wir die Politik in der Verantwortung
das zu gewährleisten. Die Landespolitik hat anerkannt, dass die Inklusive Beschulung nicht
ausreicht und hat dem im neuen Koalitionsvertrag zwischen Grünen und CDU Rechnung
getragen. Die Umsetzung des Vertrages gilt es jetzt genau zu beobachten.
Kinder mit und ohne Behinderung profitieren von einer inklusiven Beschulung. Die
Schülerinnen und Schüler sehen nicht nur wie divers eine Gesellschaft ist, sie leben und
erleben sie auch. Es ist ein Gewinn für alle.

Wir können mit der Vorlage, „Fahrplan Impulse Schulische Inklusion …“, die die Verwaltung
uns heute vorlegt, bei sehr vielem mitgehen. Viele wichtige Akteure, zum Beispiel der
Elternbeirat der SBBZ und der Behindertenbeirat, wurden im Vorfeld hinzugezogen und
haben entscheidend dazu beigetragen, dass diese Vorlage ein Erfolg werden kann. An dieser
Stelle möchten wir uns bei der Verwaltung bedanken, wohlwissend dass die Arbeit jetzt erst
richtig beginnt.

Vielen Dank!