Sehr geehrter Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Anwesende,
vor wenigen Wochen gab es eine Ausschreibung: Gesucht wurde eine Person für eine halbe Stelle in der Quartiersarbeit Stadtteil Stühlinger Untere Ferdinand-Weiß-Straße. In der Ausschreibung stand, dass die Besetzung in einem „konflikthaften Umfeld“ erfolge und eine Neuausrichtung der Quartiersarbeit erfordere.
Die Hintergründe für dieses konflikthafte Umfeld kennen wir und sie manifestierten sich bei den Baumfällungen im Februar diesen Jahres. Zahlreiche Termine folgten, ob vor Ort oder digital. Dabei begannen die Diskussionen ums Metzgergrün bereits 2006, also vor 15 Jahren. Damals ging man von Abriss und Neubau mit Nachverdichtung bis zum Jahr 2015 aus. Heute, 6 Jahre später, liegt uns der Bebauungsplan vor.
Ich möchte aber heute keine Geschichtsstunde halten, sondern die Redezeit nutzen, um den Bogen etwas größer zu spannen: Nach den Gesprächen zeigte sich, dass gute Kommunikation ist nicht alles, aber ohne gute Kommunikation auch alles nichts ist.
Denn selbst ein guter Bebauungsplan, so wie uns heute einer zur Abstimmung vorliegt, schafft es nicht, die Sorgen und Ängste im Viertel zu nehmen. Daher sollte uns als Gemeinderat, aber auch der Stadtverwaltung und der Freiburger Stadtbau klar werden, dass tragfähige Lösungen nur mit guter Kommunikation von Beginn an zwischen Bürgerschaft, Bewohnerinnen und Interessensgemeinschaften möglich sind. Denn die Legitimation von Bauprojekten beruht eben nicht nur auf gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren, sondern sie braucht auch eine frühzeitige, transparente und informelle Beteiligung.
Aber selbst die beste Kommunikation kann nicht alles leisten. Denn ich kann Ihnen eins sagen: Die meisten Menschen im Metzgergrün haben KEINE Angst vor dem Umzug in die neuen Wohnungen. Viele freuen sich, in Zukunft barrierefrei ihr Zuhause erreichen zu können. Aber Sie haben Angst vor der höheren Miete.
Wenn die ersten Menschen 2023 in die neuen Wohnungen ziehen, greift der neue Mietspiegel und schon kostet der Quadratmeter mehr als 7,50 €. Das löst berechtigte Ängste aus. 2019 ging die FSB noch von sechs bis sieben Euro pro Quadratmeter aus. Jetzt sind es 6,60 bis 7,50 €. Vielleicht werden durch milde Winter und gute Dämmung die Heizkosten die Preiserhöhung vorerst ausgleichen. Aber die Kosten fürs Heizen gehen doch bereits jetzt steil nach oben. Und ja, auch in Freiburg gibt es Menschen für die 10 oder 20 € weniger im Monat wirklich einen Unterschied machen. Und auch für diese Menschen machen wir hier Politik.
Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, dass wir der Stadtbau für Neubauprojekte den Rücken stärken müssen und ihr das ermöglichen sollten, was wir ihr mit der Wohnbauoffensive selbst auferlegt haben: Nämlich bis 2030 2500 neue Wohnungen zu bauen. Das hat mit Glaubwürdigkeit zu tun, denn wir wissen, dass mit dem Bau von sozial gefördertem Wohnraum die Wohnungsnot mindestens abgemildert werden kann. Längere Verzögerungen von Bauprojekten würden unsere eigenen Beschlüsse konterkarieren.
Fürs Metzgergrün hat die Stadtbau in Sachen Transparenz und Kommunikation nachgesteuert. Die Bewohner:innen sprechen zum Teil aber nach wie vor von „Intransparenz“, die in der Folge zu Misstrauen nicht nur gegenüber der Stadtbau, sondern auch der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat führen. Damit können wir nicht zufrieden sein.
Was also tun? Wir sollten aus der Diskussion der letzten Monate mindestens die Konsequenz ziehen bei den nächsten Haushaltsberatungen die Stelle für die Quartiersarbeit im Viertel zu erhöhen. Denn eine halbe Stelle reicht für ein Viertel, das in wenigen Jahren deutlich mehr Menschen beherbergt, nicht aus. Das wäre ein kleiner Beitrag dem Misstrauen zu begegnen. Ein anderer Beitrag muss sein, im Aufsichtsrat der Stadtbau dafür zu sorgen, dass Gelder für Personal zur Verfügung stehen, um kommende Bauprojekte professionell und kontinuierlich betreuen zu können.
Wie stimmt unsere Fraktion nun ab? Wir befinden uns in einem Dilemma.
Auf der einen Seite finden wir es besser zu modernisieren anstatt neu zu bauen, weil so preiswerter Wohnraum erhalten bleibt. Für uns gilt aber auch: Innenentwicklung geht vor Außenentwicklung. Zudem können wir die unzureichende Kommunikation selbst mit einer Ablehnung des B-Plans nicht wieder gutmachen.
Unsere Fraktion stimmt daher dem Bebauungsplan zu, mit einer Ausnahme. Wenn Irene Vogel heute hier wäre, würde sie den B-Plan bis auf die Bebauung des Wohnmobilstellplatzes für das Bestandsgebiet ablehnen. Für alle anderen Mitglieder meiner Fraktion war die große Zahl neu geschaffener und geförderter Mietwohnungen für die Zustimmung ausschlaggebend.
Vielen Dank!