Sehr geehrter Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
gegen Familien hat niemand etwas. Auch wir nicht. Wir haben auch nichts gegen Wohneigentum. Wogegen wir aber etwas haben, ist das Setzen von falschen Prioritäten. Beim Thema Wohnen müssen wir uns doch am tatsächlichen Bedarf orientieren. Luftschlösser bauen zu wollen ist da kontraproduktiv.
In unserer Stadt fehlen 20.000 bezahlbare Mietwohnungen. Da müssen wir ran und nicht schon wieder an ein Aufweichen der 50%-Quote für bezahlbaren Mietwohnungsbau. Denn noch weniger bezahlbare Mietwohnungen in der Stadt können und sollten wir uns nicht leisten.
Der Chef des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, Helmut Schleweis, hat vor wenigen Wochen vor den dramatischen Folgen der hohen Energiepreise gewarnt. Die Zahl der privaten Haushalte, die mit ihrem monatlichen Einkommen diese Energiepreise nicht mehr zahlen könnten, würde auf bis zu 60% ansteigen. Das beträfe jetzt auch Menschen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 3.600 €. Der Wohlstandsverlust, so Schleweis, sei jetzt in der Mittelschicht angekommen, die bislang nicht gewohnt war, Transferleistungen in Anspruch zu nehmen und das zum Teil sogar abgelehnt hat.
Warum sage ich das? Weil ich es auffallend finde, dass erst wenn auch die sog. Mittelschicht von Krisen betroffen ist, die Liberal-Konservativen mehr staatliche Unterstützung fordern. CDU, FDP und Freie Wähler fordern jetzt Subventionen für ihr Klientel, obwohl das Kind für viele anderen schon längst in den Brunnen gefallen ist.
Wir haben nichts gegen einen sozial-gerechten Zuschuss für Familien. Das Ganze wäre aber, wie die Verwaltung selbst sagt, eine freiwillige Leistung der Kommune und da muss ich ganz ehrlich sagen: Unsere Baustellen in Freiburg sind schon groß genug und was wir wirklich brauchen sind bezahlbare Mietwohnungen. Daher wäre für uns sogar eine Ausweitung der 50%-Quote sinnvoller, als jetzt schon wieder die 50%-Quote anzugreifen und in Frage zu stellen.
Die jetzt schon bestehende und im Haushalt eingestellte sog. „Förderung Wohneigentum“ scheint uns wenig sinnvoll. Deswegen schlagen wir für den Doppelhaushalt auch eine Streichung dieses Postens vor. Denn der bisherige Ansatz im Haushalt wurde nicht ausgeschöpft. Zudem ist die konkrete Verwendung verbesserungswürdig, weil bislang nur wenige Menschen von dieser Förderung profitiert haben. Zudem ist die wohnungs- und sozialpolitische Steuerungswirkung eher gering. Für uns wäre daher alternativ zur Streichung dieses Postens aus dem Haushalt, eine Neuausrichtung dieser Gelder auf Mietshäusersyndikate und speziell auch auf Baugruppen denkbar.
Lassen Sie uns also zusammen die Wohnungspolitik in der Stadt am tatsächlichen Bedarf orientieren und nicht an den Eigenheimwünschen weniger.
- Gehalten zum Tagesordnungspunkt „Familienfreundliche Eigentumspolitik in Freiburg“ in der Sitzung des Gemeinderats vom 07.03.2023