Sehr geehrter Oberbürgermeister,
sehr geehrter Herr Finanzbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich beginne die Haushaltsrede unserer Fraktion mit einem Dank an die Stadt und ihrer Bürger:innen. Corona hat der gesamten Stadtgesellschaft über zwei Jahre viel abverlangt. Wir danken dem Krisenstab der Verwaltung, den städtischen und den Beschäftigten der freien Träger, dass sie uns nach bestem Wissen und Kräften durch die Pandemie gebracht haben. Unser Dank gilt auch der engagierten Bürgerschaft für ihre Solidarität.
Unser Dank gilt auch allen, die am vorgelegten Haushaltsentwurf in den letzten Monaten gearbeitet haben, ihn diskutiert und verbessert haben. In weiten Teilen trifft er den Bedarf der Stadt, sichert die zentralen Pflichtaufgaben ab und geht auch darüber hinaus.
Unsere Fraktion hat in diesen Haushalt viele eigene Anträge eingebracht und zusammen mit anderen für wichtige Mehrheiten gesorgt. All das bis hierher erreichte waren wichtige Korrekturen, die jetzt auch Realität werden. Zu nennen sind hier mehr Mittel für den barrierefreien Ausbau des öffentlichen Raums, eine Fortsetzung des Ausbaus von Bushalten in Randlagen, der Einstieg in ein sozial-integratives Gesamtkonzept am Stühlinger Kirchplatz uvm. Zum ersten Mal gibt es eine dauerhafte Förderung des CSD und auch die Planung eines queeren Jugendzentrums wird angegangen.
Und dennoch wird unsere Fraktionsgemeinschaft dem vorgelegten Haushalt heute in dieser Form nicht zustimmen können. Gründe dafür sind im Wesentlichen zwei große Fehlentscheidungen, die wir in der Kombination für einen Prinzipienbruch halten und die wir – nach intensiver Abwägung und Diskussion in unseren Listen – nicht mittragen können.
Zum einen die Tatsache, dass die Mehrheit des Gemeinderats erneut auf eine leichte Erhöhung der Gewerbesteuer, die nur bezahlt, wer auch ordentlich Gewinne gemacht hat, verzichten wird.
Zum anderen die Erhöhung der Kitabeiträge, die hier anstatt der Möglichkeit der Erhöhung der Gewerbesteuer verwendet wird, die allgemeine Haushaltslage zu verbessern. Die Eltern werden damit einseitig und massiv als CashCow benutzt, obwohl gerade sie von Teuerung und den Folgen der Corona-Pandemie besonders betroffen sind.
Anstatt die gesellschaftlichen Krisenkosten auch von denen tragen zu lassen, die auch IN der Krise gute Gewinne gemacht haben, werden hier gesamtgesellschaftliche Kosten, noch dazu Kosten für Bildung, auf eine individuelle Gruppe von Personen übertragen.
An dieser Stelle ein paar Zitate aus Wahlprogrammen der jüngeren Zeit:
„Weil Bildung von Kindesbeinen an bis hin zum Abschluss der Berufsausbildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen darf, senken wir die Kita-Gebühren und schaffen sie schrittweise ab“ So schreibt es die Freiburger SPD im Jahr 2019.
Beim Oberbürgermeister konnte man lesen: „Eine Entlastung für Familien soll mit der langfristigen Abschaffung der Kita-Gebühren erreicht werden.“
Auch die Grünen schreiben: „In der Praxis stoßen aber nach wie vor insbesondere Eltern mit mehreren Kindern bei den Kitagebühren an ihre finanziellen Grenzen.“ Das war 2019. Warum das jetzt anders sein soll, nach dazu mit Inflation und Teuerung, erschließt sich uns nicht!
Was der Gemeinderat heute – vermutlich mehrheitlich entscheiden wird – ist das klare Gegenteil von dem, was in den zitierten Wahlprogrammen für die Bürger:innen zu lesen war.
Die Entscheidung zur Erhöhung der Kita-Beiträge fällt aus unserer Sicht heute ohne Not, sie ist nicht alternativlos und bleibt vor allem ohne die Beachtung einer wichtigen bildungspolitischen Grundlage, nach der Kitabildung kostenlos sein sollte – zumindest aber immer weniger kosten müsste, statt teurer zu werden. Das zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Fraktionen, die vor wenigen Wochen noch die Parkgebühren senken wollten – angeblich, um Familien zu entlasten – heute der Erhöhung der Kitabeiträge zustimmen.
Der Kritik an einer Belastung gerade der Eltern in dieser Zeit, hat sich zuletzt – und dankenswerterweise – neben dem Gesamtelternbeirat Kitas auch noch der Paritätische Wohlfahrtsverband in Freiburg angeschlossen. Es bleibt daher für uns vollkommen unverständlich, dass gerade jetzt die Eltern hergenommen werden, um den Haushalt aufzubessern. Es stellt sich die Frage, warum man nicht stattdessen die 20 bis 30 großen Unternehmen heranzieht, die gut 70% des gesamten Gewerbesteueraufkommens erbringen, und auch in der Krise nachweislich sehr gute Gewinne gemacht haben.
Zum Glück gibt es kaum noch Mitglieder des Gemeinderats, die ernsthaft behaupten, eine leichte erhöhte Gewerbesteuer würde kleine Handwerksbetriebe oder die Stammkneipe an der Ecke treffen. Neben der Erhöhung der Kitagebühren ist der Verzicht auf eine leichte Erhöhung der Gewerbesteuer, für uns damit die zweite zentrale Fehlentscheidung zu diesem Doppelhaushalt, die uns eine Zustimmung unmöglich macht. Die Stadt verzichtet damit auch in diesem Haushalt auf gut 20 Millionen Euro sichere und notwendige Mehreinnahmen zur Aufstellung eines solidarischen Gesamthaushalts.
Damit bleiben wichtige Mehreinnahmen erneut aus, die hier zum einen die Eltern entlastet hätten. Zum anderen aber auch andere wichtige Investitionen, z.B. im Bereich Schulsanierungen, Ausbau von Cafeterien und Mensen uvm., schneller ermöglicht hätten. Nachhaltig hätte man damit zudem auch Kassenentnahmen und neue Kredite mit Sicherheit kleiner halten können.
Unsere Fraktion wird weiter auf den Einsatz von mehr investive Mittel drängen, damit energetische Sanierungen und Maßnahmen, die die Energiekosten senken und unsere Energieversorgung regenerativer werden lassen, umgesetzt werden können.
Dies sollte dabei nicht nur für die öffentlichen Gebäude und Schulen gelten, sondern insbesondere auch für den Bereich der Freiburger Stadtbau. Städtische Energieeinsparungen, eine Entlastung der Mieter:innen und ein notwendiger Beitrag zur Abminderung der Klimakatastrophe müssen Hand in Hand gehen. Die Mittelverwendung des nächsten Klimafonds muss unseres Erachtens darauf künftig noch stärker eingehen.
Schauen wir in die nahe Zukunft und auf die To-Do-Liste des Gemeinderats, muss dem ganzen Hause eigentlich klar sein, dass es ohne diese Erhöhung der Gewerbesteuer, spätestens im nächsten Haushalt, nicht länger gehen wird. Genannt seien hier z.B. die ausstehenden Investitionen rund um die Berufsschulen, die bauliche Vorbereitungen im Vorgriff des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung, der Bau der Tuniberg-Schule, die Verwirklichung der zugesagten neuen Eishalle.
Sollte der Gemeinderat heute tatsächlich auf eine dringend notwendige leichte Erhöhung der Gewerbesteuer verzichten und einer Erhöhung der Kitagebühren zustimmen, werden wir als Fraktion diesen Haushaltsentwurf ablehnen.
Danke für die Aufmerksamkeit!
- Gehalten zur Verabschiedung des Doppelhaushalts in der Sitzung des Gemeinderats vom 09.05.2023