Irenes Rede zum Jahresbericht der Stelle zur Gleichberechtigung der Frau

Portrait Irene Vogel

Vielen Dank, Simone Thomas für den sehr schönen, hochinteressanten Jahresbericht, der zeigt wie viele Themen Sie als Frauenbeauftragte im vergangenen Jahr bearbeitet haben – das als Stabstelle des Oberbürgermeisters, einzig mit Unterstützung ihrer langjährig erfahrenen Sekretariatsmitarbeiterin Sonja Umseher. Als besonderen Erfolg Ihrer Arbeit hervorzuheben, ist an dieser Stelle das FrauenNachtTaxi als Ruftaxi, das sehr gut angenommen wird und uns einen enormen Schritt vorwärts gebracht hat – für mehr Sicherheit von Frauen und Mädchen im öffentlichen Raum.

Der Bericht zeigt allerdings auch, dass wenn das Gleichstellungsthema nur von einer super fleißigen Frauenbeauftragten bearbeitet wird, Vieles eben nicht gelingen kann, denn es braucht alle Dezernate, Ämter und Dienststellen und vor allem das aktive Commitment des Oberbürgermeisters, damit wir in Gleichstellungsfragen wirklich vorankommen. Eine Frau allein kann unmöglich all das bearbeiten was ansteht:

  1. Zum Beispiel das Thema Häusliche Gewalt. Wie Sie hält es unsere Fraktion für zentral, dass wir als Stadt hier vorankommen, dieses Problem in den Mittelpunkt rücken und uns nicht auf den Strukturen ausruhen dürfen, die wir für die Opfer häuslicher Gewalt geschaffen haben – also das Frauen- und Kinderschutzhaus, die Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und zuletzt die lange vermisste Wiederauflage der Antigewalttrainings für Täter. Dass die kommunale Kriminalstatistik die Fälle zwingend wieder ausweisen muss, versteht sich von selbst. Derzeit in der Diskussion ist ein Rechtsanspruch auf einen Platz im Frauenhaus. Das begrüßen wir. Ganz abgesehen davon, wünsche ich mir aber auch, dass die Polizei mehr Platzverweise ausspricht. Nicht die Opfer und ihre Kinder sollten die Wohnung verlassen müssen, sondern viel mehr die Täter. Gleichwohl ist es unsere Pflicht zu versuchen, häusliche Gewalt bereits im Ansatz zu verhindern, indem wir unsere Stadtgesellschaft dazu befähigen, nicht wegzusehen oder zu –hören, sondern aktiv zu werden, damit es nicht zum Schlimmstem kommt. Wir hoffen, dass unser kürzlich gestellter Antrag dazu beiträgt, ein entsprechendes Präventionskonzept in den nächsten Monaten auf den Weg zu bringen.
  2. Um die Folgen der Pandemie jetzt anzugehen, muss die gesamte Verwaltung aktiv werden. Es reicht nicht, dass die Frauenbeauftragte die Themen benennt. Hier sollte eine Arbeitsgruppe gegründet werden aus allen Ämtern und Gemeinderät_innen, die die Themen übergreifend und unter Geschlechter- und Vielfaltsaspekten kontinuierlich bearbeiten. Diese reichen von Beschäftigungspolitik über Kinderbetreuung oder veränderte Bedingungen in der Pflegemigration bis zur geschlechterdifferenzierten Aufstellung des Doppelhaushalts, damit die Ressourcen gerecht verteilt werden.
  3. Ganz aktuell hat die Bundesregierung eine Gleichstellungsstrategie beschlossen. Neu ist die damit verbundene Botschaft, dass alle Resorts sich dem Artikel 3 Abs.2 des GG verpflichtet fühlen und ihren jeweiligen aktiven Beitrag zur Gleichstellung einbringen müssen. Zitat: Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist eine Voraussetzung und Motor für nachhaltige Entwicklung und die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Wenn sich beim Bund alle Ressorts daran beteiligen müssen und explizit gesagt wird, dass nicht nur das Frauenministerium für Gleichstellung zuständig ist, dann gilt das genauso für die Stadt!

Gleichstellung ist eine Querschnittsaufgabe. Wir müssen sicherstellen, dass frauen- und mädchenspezifische Belange in den wichtigen städtischen Vorhaben berücksichtigt werden. Wir stellen leider fest, dass dies nicht der Fall ist. So ist eine gleichstellungsorientierte Stadt- und Verkehrsentwicklung nicht im Fokus, um nur ein Beispiel zu nennen. Dabei entscheidet die ganz wesentlich, wie wir durch die Klimakrise kommen.

Deshalb beantragen wir in einem ersten Schritt, dass in jedem der fünf Dezernate dafür die Struktur geschaffen wird. Das schafft Klarheit darüber, wer den Gleichstellungsauftrag mitdenkt, wer für die frühzeitige Kommunikation und Einbindung der Frauenbeauftragten verantwortlich ist und aufgrund dieser Aufgabenzuweisung auch entsprechend entlastet werden muss.

Perspektivisch stünde es uns als Stadt gut an, auch auf eine Gleichstellungsstrategie der gesamten Kommune hinzuarbeiten und diese zu verabschieden. Insbesondere, da wir uns der „Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf kommunaler und regionaler Ebene“ verpflichtet und diese wie mehr als 1700 Kommunen in 35 Ländern verabschiedet haben.