Aus aktuellem Anlass – der BZ-Veröffentlichung vergangener Woche über die Bezahlung der Geschäftsführer:innen städtischer Gesellschaften. Mein Kommentar dazu:
Chancengleichheit für Frauen im Beruf impliziert auch, dass Frauen und Männer für gleichwertige Arbeit gleich bezahlt werden. Dies muss für die niedrigsten Lohnstufen bis zur außertariflichen Bezahlung von Führungskräften gelten – und sollte bei der Stadt und städtischen Gesellschaften selbstverständlich sein. Ist es aber nicht: bei der Freiburger Stadtbau FSB und der FWTM erhalten die Geschäftsführerinnen in gleichberechtigter Funktion ein paar 10tausend Euro pro Jahr weniger im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen. Wenn man Vorbild sein will, ist das nicht nur peinlich, sondern kein gutes frauenpolitisches Zeichen! Bitte dringend nachbessern, Herr Oberbürgermeister!
Nun zur Drucksache: Chancengleichheit für Frauen in Freiburg: Mit größter Selbstverständlichkeit ist die Politik während des ersten Lockdowns davon ausgegangen, dass sich Familien umfassend selbst organisieren. Sei es in Bezug auf das Kümmern um pflegebedürftige Angehörige oder als Eltern, die trotz Berufstätigkeit ihre Kita- und oder Schulkinder rund um die Uhr betreuen, bespaßen, bekochen und beim Home-Schooling unterstützen. Notbetreuung gab es ja nicht einmal für 10 % der Kinder und nur von jenen Eltern, die in den – 2020 sehr eng definierten – systemrelevanten Berufen arbeiteten oder aus sehr fragilen Familienverhältnissen kamen.
Es war kaum anders zu erwarten, als dass die Hauptlast dieser vermehrten Familienarbeit an den Frauen hängen bleibt. Schließlich sind sie es, die ihre Arbeitsverhältnisse schon in Nicht-Pandemie-Zeiten durch Teilzeitarbeit – und folglich erst recht in einer Krise auf die Familien- und Sorgearbeit abstimmen – während berufstätige Väter immer noch fast ausschließlich einem Vollzeit-erwerb nachgehen. Wie zahlreiche aktuelle Studien belegen, geraten Frauen so in ihrer beruflichen Entwicklung unweigerlich ins Hintertreffen, v.a. wenn es auch noch politisch versäumt wird, kostengünstige oder kostenlose familienentlastende Maßnahmen zu ergreifen.
Wie wir also sehr gut beobachten konnten, rächt sich eine traditionelle Rollenverteilung in Familien während derartiger Krisen besonders schnell und heftig, bis hin zu den Folgen für die schlechtere Altersversorgung von Frauen. Gesellschaftspolitische Ziele zur Gleichstellung von Frau und Mann, für Chancengleichheit von Frauen im Beruf, geraten in null Komma nichts in den Hintergrund oder gar völlig aus dem Blick.
Diese Feststellung hat unsere wie die Grüne Fraktion dazu veranlasst, das Thema auf die Tagesordnung setzen zu lassen. Denn wir mussten leider konstatieren, dass die Verwaltungsspitze und der Krisenstab die Situation der Familien und insbesondere der Frauen und Kinder in Freiburg nicht ausreichend im Blick hatten. Auch wenn der OB mehrfach glaubhaft versicherte, dass es Frauen im Krisenstab gab, so waren sie doch in ihrer originären Funktion dort, jedoch nicht mit frauen- und gleichstellungspolitischem Auftrag. Genau diesen Auftrag jedoch hat unsere Frauenbeauftragte. Sie zu solch wichtigen Beratungen und Entscheidungen, wie sie im Krisenstab getroffen werden hinzuzuziehen, halten wir für unabdingbar. Genauso wie sie auch Teil anderer entscheidender Gremien sein sollte, wie z.B. dem zur künftigen Restrukturierung der Stadtverwaltung und vor allem da, wo Frauen an wichtiger Stelle unterrepräsentiert sind.
Spätestens wenn diese Forderung in die Realität umgesetzt wird, wird sich aber auch erweisen, dass mehr Personalstellenanteile notwendig sind, um den Gleichstellungsauftrag innerhalb und außerhalb der Verwaltung auch erfüllen zu können. Denn schon jetzt stößt die Kapazität der Frauenbeauftragten immer wieder an ihre Grenzen. Um die Ziele der EU-Charta zur Gleichstellung von Frauen und Männern auf kommunaler Ebene nicht erst in 100 Jahren zu erreichen, braucht die Stelle Verstärkung und Unterstützung.
Einen jährlichen Bericht zur Förderung der Vereinbarkeit Beruf und Familie und über Verbesserungen der beruflichen Situation der Frauen in der Stadtverwaltung, wie ihn die Grüne Fraktion gerne hätten, halten wir nicht nur aus vorgenannten Kapazitätsgründen für entbehrlich.
Auch wenn man immer noch besser werden kann, zeugen doch die ausführlichen Stellungnahmen der Ämter, allen voran das Haupt- und Personalamt, im Anhang dieser Drucksache davon, dass es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gerade bei der Stadtverwaltung ganz gut bestellt ist. Vielfältige Voraussetzungen dafür wurden schon vor Jahren geschaffen: seit nunmehr 20 Jahren gibt es eine verbindliche und juristisch einklagbare Dienstvereinbarung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die auch in Krisenzeiten ihre Gültigkeit hat. Die Re-Auditierung hat die Stadt erneut zum familienfreundlichen Betrieb erklärt, dazu zählt auch die Möglichkeit im Home-Office zu arbeiten. In der Pandemie wurde das sehr schnell für weite Teile der Beschäftigten realisiert. Wichtig auch: als tarifgebundener Arbeitgeber hat die Stadt das Kurzarbeitsgeld ihrer Beschäftigten auf 90 – 100 % aufgestockt.
Von all dem kann ein Großteil der Beschäftigten in den zahlreichen Freiburger Privat- und Kleinbetrieben in Handel, Gewerbe und der Hotellerie wie auch im Mittelstand nur träumen. Gerade in diesen Arbeitsverhältnissen sind Frauen und vor allem teilzeitarbeitende Frauen tatsächlich noch deutlich im Hintertreffen. Wir meinen, viel mehr als bisher müssen Gemeinderat und FWTM ihr Augenmerk darauf richten. Hier müssen wir uns im Rahmen unserer politischen Möglichkeiten und in Kooperation mit der IHK, den Kammern, Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften wesentlich stärker um die Verbesserung der Vereinbarkeit und um familienfreundlichere Arbeitsbedingungen kümmern. Die Zukunftsfähigkeit vieler Branchen hängt auch davon ab, ob sie künftig besser auf die Bedürfnisse von Familien eingehen.
Fazit ist aber auch, dass die berufliche Entfaltung der Frauen mit dem Angebot an Kitas und Ganztagsschulen steht und fällt. Die stark erweiterte Notbetreuung im 2. Lockdown und die prioritäre Öffnung der Einrichtungen und Schulen in der vergangenen Woche zeigen, dass die Politik dazu gelernt hat, auch wenn weiterhin viele Familien stark strapaziert wurden. Der Ausbaustopp von Kitaplätzen und Ganztagsbetreuung an Grundschulen im aktuellen Haushaltsentwurf geht allerdings in die völlig falsche Richtung und ist letztendlich auch ein politischer Akt gegen die berufliche Chancengleichheit von Frauen.