Ist die Einigung der Stadt mit dem Schweizer Investor zur Bebauung des Ganter-Areals eine gute Nachricht?

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Anwesende, 

mit der Vorlage zum sog. Ganter-Areal gibt es nun wegweisende Informationen: lange wurde um die Entwicklung dieses innerstädtischen Grundstückes gerungen. Jetzt endlich gab es eine Einigung zwischen Stadt und Schweizer Investor, so dass das letzte Filetgrundstück im Freiburger Osten bebaut werden kann – welch eine gute Nachricht. 
Wirklich?

Von insgesamt 47.400m² Geschossfläche bekommt die Stadt nach Abzügen für bereits bestehendes Baurecht noch ca 6.000m². Das bedeutet: Der Schweizer Investor baut ca. 300 Mietwohnungen, die Stadt darf dafür den geförderten Mietwohnungsbau mit ca. 70 Wohnungen realisieren. 

Die Abtretung der Fläche an die Stadt erfolgt kostenfrei, auf den übrigen Flächen werden lt. Investor bezahlbare Wohnungen entstehen, aber bezahlbar für wen?

Die Artemis-Gruppe möchte im mittleren Mietpreissegement Mietwohnungen anbieten. Hier stellt sich für uns die Frage: Was versteht man unter ‚mittlerem‘ Mietpreissegment?

Bestimmt keine Wohnungen, die wir in Freiburg so dringend benötigen, nämlich im unteren Mietpreissegment; sondern etwas, was in den Freiburger Osten passt – edeler, gute Ausstattung bis hin zum Luxus, zur Dreisam hin eventuell mit Penthaus und so fort.

Warten wir den städtebaulichen Wettbewerb ab. 

Dass Eigentum verpflichtet – geschenkt, Familie Ganter hat ihr Geschäft gemacht, wer sollte ihr das verübeln.

Aber stadtpolitische Weitsicht hat sie mit dem Verkauf an den Investor nun wahrlich nicht bewiesen.

Dass der Betonklotz oder auch Flaschenkeller an der Schwarzwaldstraße mal der Autobahnein- bzw. -ausfahrt weichen muss, ist logisch.

Doch wer bezahlt jetzt den Abriss, damit Wohnungsbau entstehen kann? Die Autobahn GmbH? Damit wäre der Investor fein raus – durch den dann entstehenden Lärm und Dreck wird die ganze Wiehre beben. 

Falls angedacht sein sollte, dass hier das städtische Grundstück liegen sollte, um sozialen Wohnungsbau zu realisieren, wäre das eine Fehlentscheidung sondergleichen.

Daher fordern wir die Stadtverwaltung auf, dass sie die Ausgleichsfläche an der Schwarzwaldstraße nicht annimmt bzw nicht erhält!

Freiburg benötigt Wohnungen.

Ca. 20.000 Wohnungen im unteren und mittleren Mietpreissegment fehlen in der Stadt, 2022 wurden gerade einmal knapp 300 gebaut. Welch eine Relation – und nun kommen die ca. 60-70  Wohnungen auf dem Ganter-Areal hinzu.

Aber stopp – es gibt ja noch Neubauten im Metzgergrün, dem Drachenweg, dem Ahorn- und dem Auggener Weg. Aber diese Straßenzüge befinden sich nicht im Freiburger Osten. 

Wenn es um Gentrifizierung geht, ist der Westen Spitze – nicht der Osten. 

Als Ausgleichsflächen erhält die Stadt im Gegenzug Fläche an der Dreisam, um den Radvorrangweg weiterentwickeln zu können, wie auch ca. 600m² an der Schwarzwaldstraße, um später für die Autobahn die Baustelleneinrichtung, die Baudurchführung und noch später eine Oberflächengestaltung durchführen zu können. Eine Frage sei gestattet: In wessen Eigentum verbleiben diese 600m² nach Vollendung der Autobahn? Bei der Stadt oder beim Investor?


Positiv allein sieht unsere Fraktion es, dass ein Teilgrundstück von 6.000m² in städtischen Besitz übergeht. Notwendig ist aber auch, dass im Mietwohnungsbau endlich lange Bindungsfristen eingeräumt werden. 

Allerdings sind es nur wieder Brosamen, die für die Stadt abfallen. Damit es nicht bei den Brosamen bleibt, werden wir im Herbst einen Antrag zur Aufhebung resp. Erweiterung der Abtretungsquote einreichen.

Ein anderer Einfluss und weitere Gestaltungsmöglichkeiten bleiben der Stadt leider nicht, denn Privateigentum unterliegt dem besonderen Schutz des Grundgesetzes.


Unser Fazit aus diesem Deal ist: Die Stadtverwaltung hat das Beste aus den gegebenen Umständen gemacht.

Dass die Umstände nicht mehr zuließen, ist aber mindestens für die Zukunft zu ändern.

So ist das Schlupfloch der Abtretungsregel in den baulandpolitischen Grundsätzen zu schließen bzw. gehört ganz aufgehoben.

Da Freiburg sozialen, geförderten Mietwohnungsbau dringend benötigt und wenn die Verwaltung und die Fraktionen das auch wirklich wollen, muss diese Klausel gelöscht werden. 
Beim sozialen bzw geförderten Mietwohnungsbau nur auf die aktuelle Lage zu schauen wie Zinsen, Baukosten usw und damit Kürzungen oder gar Streichungen zu fordern, ist äußerst kurzfristig gedacht und bedeutet keinerlei Mehrwert in Bezug auf die fehlenden Mietwohnungen. 

Unsere Fraktion wird sich bei der Drucksache enthalten bzw. ihr nicht zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit