Sehr geehrter Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Tausende versammeln sich auf FridaysForFuture-Demonstrationen und immer mehr Menschen kaufen in Unverpacktläden ein. Gleichzeitig wachsen die Müllberge im öffentlichen Raum. Aber nicht nur die Größe der Müllberge hat sich verändert, sondern auch unser Bewusstsein, dass es zu viel Verpackungsmüll gibt und dass wir etwas dagegen tun müssen. Das war nicht immer so und ist auch ein Grund, warum in den letzten Tagen die Debatte um die Vermüllung am Platz der Alten Synagoge hochkochte und weiter sehr emotional diskutiert werden wird.
Wie ist das aus unserer Sicht einzuordnen?
Wenn es um Sondermüll oder Luftverschmutzung geht, muss das verspätete und zufällige Aus aus der Atomenergie und der erst vor Kurzem beschlossene Ausstieg aus der Kohleverstromung genannt werden. Der Ausstieg aus der Kohle wurde mit einem Vertrag geschlossen, der möglicherweise rechtswidrig ist, weil Subventionen in Höhe von über 4 Milliarden Euro an die Betreiber gezahlt werden sollen. Subventionen aus Steuergeldern für weitere 18 Jahre Luftverschmutzung und CO2-Ausstoß. Ein gutes Vorbild ist das nicht!
Anstatt die Industrie in die Verantwortung zu nehmen, setzt die Bundespolitik lieber auf Repression von Einzelpersonen. Deutschland ist seit Jahren Verpackungseuropameister. Ein Ende dieser zweifelhaften Spitzenposition ist nicht in Sicht. Dagegen ist das sog. Containern, also der aktive Versuch Essensmüll zu vermeiden, strafbar. Dass die Industrie die Hauptverantwortung für Müll im Allgemeinen und Verpackungsmüll im Besonderen trägt, wird gern ausgeblendet. Stattdessen greift man in die Repressionstrickkiste und im Bund, im Land und den Kommunen werden die Bußgeldkataloge angepasst und den Vollzugsdiensten mehr und mehr Aufgaben übertragen. So auch in Freiburg. Aber der Gemeinderat beschließt heute gar nicht über die Höhe der Bußgelder; das fällt in die Zuständigkeit des Oberbürgermeisters.
Nicht, dass wir falsch verstanden werden: Auch wir sind genervt von den zunehmen Müllbergen. Die Erhöhung der Bußgelder fänden wir vertretbar, wenn es genügend Mülleimer im öffentlichen Raum gäbe und gleichzeitig mehr bildungspolitische Maßnahmen ergriffen würden, wie z.B. Müllpatenschaften für bestimmte Orte.
Aber die Erhöhung von Bußgeldern löst das Problem nicht, denn sie tut nicht allen gleich weh. Wer wenig verdient, den trifft die Strafe empfindlicher als eine Person mit hohem Einkommen. Und erhöhte Bußgelder sind nur dann verhältnismäßig, wenn sich ausreichend Mülleimer im Stadtgebiet befinden. Dass der Abbau von Mülleimern als erzieherische Maßnahme falsch war, leuchtet hoffentlich allen ein. Unser Slogan „Mehr Mülleimer statt mehr Repression“ wurde heute zum Teil ja direkt von der Verwaltung umgesetzt und es werden, zu den 100 bereits eingeplanten und zum großen Teil schon aufgestellten Abfallbehältern, 30 weitere aufgestellt. Vielen Dank!
Denn wenn wir eine lebendige Innenstadt und attraktive Stadtteile wollen, und viel Geld investieren, um unsere Plätze schöner zu machen und die Aufenthaltsqualität zu verbessern, brauchen wir schlicht mehr Mülleimer und natürlich auch mehr öffentliche Toiletten. Die müssten wir ja gar nicht alle neu bauen, sondern lediglich wieder in Betrieb nehmen und würden damit sogar Arbeitsplätze schaffen.
Dass die Verwaltung jetzt eine Konzeption und finanzielle Aufstellung für öffentliche Toiletten erarbeitet ist gut. Schauen wir, was daraus wird. Wir hoffen, dass damit die dauerhafte Wiedereröffnung der Toilette am Stühlinger Kirchplatz nichts mehr im Wege steht.
Noch eine Anmerkung zum Vollzugsdienst. In der Vorlage findet sich eine interessante Formulierung. „Wenn mit den genannten Bußgeldern eine konsequente Lenkungswirkung erzielt werden soll, ist eine entsprechende personelle Flankierung erforderlich.“
Mehr Personal für den VD ist vielleicht der fromme Wunsch vom GuT, aber diese personelle Flankierung ist gar nicht Inhalt des Beschlusses und bleibt hoffentlich ein frommer Wunsch.
Denn um das hier nochmal ganz klar zu sagen: Wir wollen nicht, dass dem Vollzugsdienst immer mehr Aufgaben übertragen werden und er mehr und mehr gestärkt wird. Denn wozu führt das? Es verstärkt die Unsitte Probleme ordnungsrechtlich zu lösen und konkret führt es dazu, dass Menschen, die sich in der Innenstadt aufhalten, unverhältnismäßig oft kontrolliert werden.
Und zu den wilden Müllablagerungen schreibt die Verwaltung, dass andere Städte auch vor diesem Problem stünden und bislang keine Lösung dagegen gefunden wurde. Kein Wunder: Denn dieses Problem lässt sich nicht kommunal lösen. Besser wäre eine Pfandpflicht für technische Geräte. Beim Kauf wird ein Pfandbetrag gezahlt und so kann eine Rückführung der Geräte in den Recyclingkreislauf gewährleistet werden. Aber das ist natürlich auch eine Aufgabe der Bundespolitik.
Uns bleiben daher eher kleinere Stellschrauben und das GuT und die ASF tun, was im kommunalen Rahmen ihrer Möglichkeiten liegt und das machen sie gut. Dass die geplanten Maßnahmen jetzt abgespeckt wurden, ist schade, aber verständlich.
Der Vorlage stimmen wir zu.
Vielen Dank!