Wir lehnen die Abschiebepolitik der Landesregierung ab! „Statt Menschen zur Abschiebung auf ihren Arbeitsplätzen abzuholen, sollten alle ein gutes Integrations-, Ausbildungs- und Arbeitsangebot bekommen, insbesondere in Bereichen wo es an Fachkräften mangelt, wie z.B. auch in der Pflege, wo uns die Kollegin besonders fehlen wird„, so Emriye Gül, Stadträtin und selber beruflich als Pflegerin tätig.
Interfraktioneller Offener Brief an das Ministerium der Justiz und für Migration in Baden-Württemberg
Sehr geehrte Frau Ministerin Gentges,
Sehr geehrter Herr Staatssekretär Lorek,
Mit großem Unverständnis haben wir aus der Presse von der Abschiebung von Frau Zoufinar Murad von ihrem Arbeitsplatz, einem Freiburger Pflegeheim, erfahren. Nicht nur im Pflegebereich, sondern auch in anderen Berufsfelder wie dem Handwerk, Erziehungsberufen und weiteren, leidet unsere Gesellschaft unter einem eklatanten Fachkräftemangel. Dieser wird durch eine Abschiebepraxis, die Menschen, die sich hier in das Berufsleben integrieren wollen und gesellschaftlich wichtige Arbeiten übernehmen, verschärft. Dies kommt auch in der Presseberichterstattung deutlich zum Ausdruck, spricht doch die Leiterin der Pflegeeinrichtung davon, dass Frau Murad eine „unentbehrliche Mitarbeiterin“ sei.
Es geht hier also nicht nur um das harte Schicksal derer, die abgeschoben werden und aus ihrem Leben hier gerissen werden – im Fall von Frau Murad in ein fremdes Land, zu dem kaum Bezüge bestehen – sondern solche Abschiebungen sind auch ein Schlag ins Gesicht der Arbeitgeber, die in Zeiten eines massiven Fachkräftemangels Zeit und Ressourcen in die Ausbildung und berufliche Integration von Geflüchteten investieren. Dem Koalitionsvertrag entnehmen wir die Maxime „Wer arbeitet und sich integriert hat soll bleiben dürfen“. Der Fall Murad zeigt, dass das Land hier weit entfernt ist von einer Umsetzung des Koalitionsvertrags. Wir fordern Sie auf, sich für eine baldige Rückkehr von Frau Murad einzusetzen, damit sie Ihre Tätigkeit in dem Freiburger Pflegeheim wieder aufnehmen kann. Außerdem erwarten wir, dass Sie sich für Lösungen wie z.B. einen Abschiebestopp für Pflegekräfte und andere dringend benötigte Fachkräfte einsetzen.
Es ist uns bewusst, dass das Aufenthaltsrecht Bundesrecht ist und Sie an die übergeordnete Rechtslage gebunden sind. Das Land hat jedoch Ermessensspielräume, die es pragmatisch anhand der oben genannten Maxime nutzen sollte, zumal der Vollzug von Abschiebungen Ländersache ist. Wir können es nicht nachvollziehen, wie Frau Murad mit einer Vollzeittätigkeit und ohne Integrationsprobleme abgeschoben wird, während gleichzeitig Arbeitskräfteanwerbung geplant und durchgeführt wird. Wir zählen auf Sie als politische Akteure, in solchen Fällen, in denen die Betroffenen rechtlich vielleicht „vollziehbar ausreisepflichtig“ sind, politisch einzuschreiten und sinnlose Abschiebungen zu stoppen. Eine Abschiebung wie die von Frau Murad kennt nur Verlierer.
Mit freundlichen Grüßen
Maria Viethen, Fraktionsvorsitzende Grüne
Pia Maria Federer, Stadträtin Grüne
Gregor Mohlberg, Fraktionsvorsitzender Eine Stadt für alle
Julia Söhne, Fraktionsvorsitzende SPD/Kulturliste
Simon Sumbert, Fraktionsvorsitzender JUPI
Dr. Johannes Gröger, Fraktionsvorsitzender FW