Stadttunnel als „Stadtreparatur“ auf Kosten des Umlands?

Die Antwort der Verwaltung auf unsere Anfrage zum aktuellen Stand der Stadttunnelplanung lässt unsere Fraktionsgemeinschaft aus Linker Liste, Grüner Alternative und den Unabhängigen Frauen sowie die ganze Stadtgesellschaft, aber auch das Freiburger Umland weiter mit vielen Fragen zurück. 

Neben vollkommen unklaren Aussagen zu Kosten und Zeithorizont, kritisieren wir vor allem die darin gemachte Aussage, dass der Stadttunnel vornehmlich der Stadtreparatur dienen soll. Insbesondere auf diese Aussage erreichte uns auch ein sehr nachvollziehbarer Kommentar aus dem Kirchzartener Gemeinderat.

So schreibt Gemeinderat Ulrich Martin Drescher, Mitglied der Grünen im Kirchzartener Gemeinderat, an unsere Fraktion: „Was das links und rechts der Stadtgrenzen bedeutet, hat uns nicht zu interessieren. Wir ziehen hier unser Stadt-Ding/Denkmal durch. Was danach im Dreisamtal zu reparieren ist, egal, sollen die doch in Stau/Blockabfertigung/CO2 stehen, wenn die den Falkensteigtunnel für weitere 500 Millionen nicht hinkriegen.“

Wir teilen diese Kritik. Sie zeigt auf, dass es eine überregionale und integrierte Verkehrsplanung braucht, die nicht an Stadt- und Kreisgrenzen Halt macht. Das gilt sowohl für eine Bearbeitung der regionalen Pendler:innenströme, den Ausbau und den Betrieb des ÖPNVs aber eben auch der Planung überregionaler Straßen.

Wenn man in Berlin mit dem Anspruch vorstellig wird, dass man hier vor allem Stadtentwicklungsplanung betreibt und das Umland bzgl. der sich daraus ergebenden verkehrlichen Folgen im Regen stehen gelassen wird, ist eine überregionale Verkehrsplanung nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Städtische Planungen finden auf dem Rücken des Umlandes statt.

Grundsätzlich stellen wir – neben klima- und verkehrspolitischen Zweifeln – aber auch weiter in Frage, ob 

a) der Bund punktuell so ein Projekt planen kann und darf, ohne für den weiteren Streckenverlauf insbesondere am Falkensteig und im Dreisamtal tragfähige Lösungen anzubieten

b) ob die notwendigen Finanzmittel beim Bund überhaupt vorhanden sind und

c) ob wir es hinnehmen dürfen, dass der Bund Summen von vielen hundert Millionen einfach ins Schaufenster hängt ohne beispielsweise aktuell in der Lage zu sein eine adäquate Wohnraumförderung, der Fortbestand des 49-Euro-Ticket und eine grundsätzlich auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen abzusichern.

Unsere Fraktionsgemeinschaft wird auch weiter drauf drängen, dass es insgesamt zu einer wirklichen Verkehrswende kommen muss, anstatt einen hypothetischen Tunnel im Jahr 2045 als Lösung anzubieten, noch dazu, ohne dabei mindestens die parallele Notwendigkeit eines weiteren Tunnels am Falkensteig für mindestens weitere 300 Millionen Euro zu benennen.  Für eine solche Verkehrswende müssen Güterverkehre viel konsequenter als bisher wieder von der Straße genommen und regional ein ÖPNV-System angeboten werden, auf das sich die Menschen wieder verlassen können und das in der Nutzung attraktiver ist als der jetzige Zustand der Breisgau-S-Bahn. Für beides fehlt in Berlin und Stuttgart aktuell offensichtlich der Wille und das Geld – keine Pointe!