Die finanzpolitische Haltung unserer Fraktion bei der Verabschiedung des letzten Doppelhaushalts hat sich durch den aktuellen Finanzbericht bestätigt. Zum einen wäre eine moderate Erhöhung der Gewerbesteuer richtig gewesen, hätte zu substanziellen Mehreinnahmen geführt und dabei nur die belastet, die auch in der Coronakrise satte Gewinne gemacht haben. Insbesondere war aber die Streichung der regulären Zuschusserhöhungen, für die freien Träger*innen der Wohlfahrtspflege, im Bereich Migration, der freien Jugendhilfe, der Schulsozialarbeit und der Kultur nicht nur falsch, sondern auch in keiner Weise notwendig. Diese Streichungen mussten durch Wiederbesetzungssperren, Arbeitsverdichtung, Abbau von Stellenanteilen und Angebotseinschränkungen kompensiert werden – und das in einer Zeit, in der der Bedarf nach ihren Angeboten massiv angestiegen ist, denn die Corona-Krise hat die soziale Ungleichheit auch in Freiburg weiter verschärft.
Heute wissen wir, dass aus einem angeblichen Minus von 20 Mio. € im Ergebnishaushalt ein Plus von rund 23 Mio. € werden wird. Und dabei ist bei den Gewerbesteuererträgen noch nicht mal das letzte Wort gesprochen. Die Kürzung der Zuschüsse wurde ausdrücklich als Notmaßnahme vorgestellt, die unabdingbar wäre, um den Ergebnishaushalt noch retten zu können. Eine Mehrheit des Gemeinderats hat sich leider auf diese fragwürdige Argumentation eingelassen. Davon kann aber spätestens jetzt keine Rede mehr sein. Deswegen haben wir erneut im Gemeinderat beantragt, dass die Zuschusserhöhungen für das Jahr 2022 anteilig erfolgen und ausgezahlt werden.
Das wären wir den Träger*innen und insbesondere den Beschäftigten schuldig. Leider hat unser Antrag bei der Mehrheit des Gemeinderats aber keine Zustimmung gefunden, die offenbar kein Problem damit hat, dass ausgerechnet die Beschäftigten im Care- und Sozialbereich die Corona-Krisenkosten zahlen mussten und weiterhin müssen.
Endlich Gesundheitsversorgung für alle
Wir freuen uns sehr, dass nach Jahrzehnten der politischen Arbeit heute der Startschuss für die Förderung des Medinetz gegeben wurde und der Zugang von illegalisierten Menschen zu Gesundheitsversorgung nun endlich von der Stadt gefördert wird. Nicht erst Corona hat gezeigt, wie essenziell Zugang zu Gesundheitsversorgung für ein Leben in Würde ist. Durch die Einführung eines anonymisierten Behandlungsscheins erhalten nun Menschen erstmals diesen Zugang, die bisher von Gesundheitsversorgung völlig ausgeschlossen waren. Klar muss aber auch sein, dass der bisher bereitgestellte Betrag, bei dem es sich nur um einen Bruchteil der beantragten Summe handelt, nur ein Anfang sein kann und der Gemeinderat bereit sein muss, diesen in Zukunft zu erhöhen, wenn er es mit dem Projekt wirklich ernst meint.
– Felix Beuter, Michael Moos, Irene Vogel