Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Anwesende,
kurz vorweg: Ich persönlich halte eine angemessene Regulierung der Nutzung von Mini-Boxen an ausgewählten Orten grundsätzlich für sinnvoll.
Unsere Fraktion hat heute dennoch eine Vertagung beantragt und wird der Vorlage in dieser Form nicht zustimmen.
Gründe dafür sind zum einen die Pauschalität der vorgeschlagenen Satzung, ihre weiträumliche Wirkung, aber vor allem die fehlende Jugendbeteiligung, bzw. die Behandlung der Fragestellung im zuständigen KJHA.
Auch wenn wir heute noch keine Satzung beschließen, befinden wir uns nicht in einem ungeregelten Zustand.
Alle eindeutigen Bestimmungen zur Ruhestörung und Einhaltung der Nachtruhe gelten auch jetzt schon und ohne Satzung.
So kann man über Ruhestörung lesen: „Eine nächtliche Ruhestörung liegt dann vor, wenn eine Aktivität über die Grenze der Zimmerlautstärke hinweg akustisch zu vernehmen ist.“
Und etwas genauer nach §117 des Ordnungswidrigkeitengesetz: “Ordnungswidrig handelt, wer in einem vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen.“
§3 der städtischen Polizeiverordnung sagt: „Die Nachtruhe in der Stadt Freiburg dauert von 22 bis 6 Uhr. In dieser Zeit sind alle Betätigungen verboten, die geeignet sind, die Nachtruhe zu stören.“
All diese Regeln bestehen und können jederzeit und im konkreten Einzelfall zur Anwendung kommen.
Der aktuelle Satzungs-Vorschlag der Verwaltung ist uns jedoch zu pauschal und weitgreifend.
Im Seepark – dem Ausgangspunkt der Debatte und des Regelungsbedarfs – hätte ein Verbot in einigen Zonen womöglich gereicht. Am zentralen Sportplatz im Seepark z.B., wäre man vielleicht ganz ohne Verbot ausgekommen. Und auch im Dietenbach-Park wäre wahrscheinlich auch kein vollflächiges Verbot notwendig.
Rein rechtlich muss eine jede städtische Satzung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Dieser ist hier womöglich nicht mehr gegeben, weil anlasslos, weiträumig und ohne Abwägung, auch eine nicht-störende Nutzung einer Mini-Musikbox, obwohl von den allgemeinen Gesetzen gedeckt, verboten wäre.
Kritisch zu sehen ist auch, dass die gesetzlich vorgeschriebene Jugendbeteiligung nicht stattgefunden hat.
In der Gemeindeordnung § 41a kann man lesen:
„Die Gemeinde muss Jugendliche bei Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, in angemessener Weise beteiligen.“
Und auch wenn man dieser Argumentation nicht folgt, weil nach einer strengen Definition Jugendliche unter 18 Jahren um 23 Uhr schon zu Hause sein müssten, hätte die Vorlage doch zumindest im KJHA, als dem zuständigen Ausschuss, vorberaten werden müssen.
Hier wären sowohl junge Erwachsene als auch die Vertreter:innen der Jugendbeteiligung in angemessener Weise zu Wort gekommen.
Hätten wir eine Stelle für Öffentlichkeits- und Jugendbeteiligung, wie von uns beantragt und den Trägern der Jugendbeteiligung seit Jahren gefordert, wäre dieses, für uns wesentliche, Versäumnis wohl ausgeblieben.
Jugendbeteiligung bzw. die Beteiligung junger Erwachsener wäre vor allem auch deshalb gut gewesen, weil sich dann, bereits im Vorfeld, ein tragfähiger und verhältnismäßiger Kompromiss herausgestellt hätte – rechtsfest und mit einer breiten Mehrheit im Gemeinderat.
Aus dem Umfeld des RPJ und anderen Jugendvertretungen gibt es dazu jedenfalls klare Signale und es besteht auch ein grundsätzliches Problembewusstsein.
Nicht unerwähnt bleiben darf, dass sich mit dem massiven Wachstum der Studentensiedlung am Seepark, im Grunde mit einer Verdoppelung der Einwohner:innem dort, der Freizeitdruck auf den Park massiv erhöht hat.
Es wäre auch Aufgabe des Studierendenwerks und der Stusie-Vertreter:innen sich in die Debatte einzubringen und bei der Auflösung der Problematik zu helfen – aber auch dafür hätte man sie strukturiert einbeziehen und zu Wort kommen lassen müssen.
Abschließend: Wir bitten die Verwaltung und die Mehrheit des Gemeinderats, der Vorlage in dieser Form nicht zuzustimmen und sie erneut zu beraten. Dazu sind unserer Meinung nach, Jugendliche und junge Erwachsene zwingend hinzuzuziehen.
Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang auch die differenzierte Ausarbeitung des RPJ, die den Fraktionen sicher schon zugegangen ist. Wesentlich an ihrem Vorschlag ist, dass sie statt mit Verboten, mit ausgewiesenen Nutzungsflächen arbeiten wollen. Ein Ansatz, den es lohnt zu diskutieren!
Danke für die Aufmerksamkeit!
- Gehalten in der Sitzung des Gemeinderats vom 16.05.2023