Ein Drogenkonsumraum rettet Leben

Herr Oberbürgermeister,

liebe Anwesende,

es freut mich und meine Fraktion sehr, dass wir heute die Einrichtung eines Drogenkonsumraums beschließen werden. Eine Forderung, die wir schon lange stellen und die nun endlich nicht mehr an der Verordnung des Landes scheitert. Wir möchten uns an dieser Stelle auch ausdrücklich bei der Verwaltung und insbesondere dem Amt für Soziales bedanken, dass sie im Zuge dieser Änderung so zügig reagiert und das Projekt Konsumraum auf den Weg gebracht haben.

Ein Konsumraum fügt sich hervorragend in das bereits in Freiburg vorhandene Angebote der Suchtprävention und Suchthilfe ein. Es gibt mittlerweile bundesweit über zwei Dutzend solcher Einrichtungen, die als gute Beispiele voran gehen. Der erste baden-württembergische Drogenkonsumraum in Karlsruhe hat sich ebenfalls über alle Maße bewährt und auch anfängliche Befürchtungen eines möglichen Drogentourismus haben sich nicht bestätigt und es haben sich weder Dealer noch eine Szene vor der Tür etabliert.

Die Erfahrung aus Karlsruhe zeigt, dass eine direkte Anbindung Konsumraums an den Kontaktladen zu vielen Synergien führt, sodass wir der Vorlage folgen, dass die Verortung am jetzigen Standort des Kontaktladens in der Rosastraße am sinnvollsten ist, und wir freuen uns, dass die Stadt mit der AWO-Drogenhilfe auch einen erfahrenen und kompetenten Träger für den Betrieb des Konsumraums gewinnen konnte.

Ein Konsumraum erfüllt im Hilfenetz mehrere Funktionen: Er sichert das Überleben, eröffnet Wege ins Hilfesystem und entlastet den öffentlichen Raum. Insbesondere lassen sich durch die Niederschwelligkeit des Angebots Gruppen ansprechen, die momentan durch die bestehenden Hilfsangebote nicht erreicht werden. Die Akzeptanz der Adressat*innen ist gleichzeitig Grundlage einer Motivationsarbeit zu weiterführenden Angeboten wie Beratung, Substitution oder Therapie sowie zur Veränderung der Lebenssituation. Unabhängig von den langfristigen Chancen, die sich durch den Kontakt ergeben, rettet der Konsumraum aber auch ganz konkret und unmittelbar Leben durch die Verhinderung von Infektionen wie HIV und Hepatitis und Todesfällen durch Überdosierungen.

Ein Konsumraum kann auch dazu beitragen, die Begleiterscheinungen einer offenen Drogenszene im öffentlichen Raum zu reduzieren und damit Nutzungskonflikte mit Anwohner*innen zu entschärfen. Das macht ihn zu einem wichtigen Baustein einer vernünftigen Drogenpolitik. Die Landesregierung hat die Auswirkungen der Drogenkonsumraumverordnung umfassend geprüft und bestätigt, dass ein Anstieg von Drogendelikten oder anderen Delikten im Umfeld von Konsumräumen nicht festgestellt werden kann, sondern dass gutes Zusammenwirken von ordnungsrechtlichen Maßnahmen und Sozialarbeit vielmehr zu einer Entlastung des öffentlichen Raums führt.

Neben diesen fachlichen Vorteilen für die Suchthilfe ist aber auch ein ideeller Gesichtspunkt wichtig: Die Etablierung eines Konsumraums in Freiburg ist auch Ausdruck einer Haltung, die dafür steht, dass niemand in Folge einer Erkrankung oder von psycho-sozialer Problemlagen marginalisiert und von gesellschaftlicher Achtung und Würde ausgeschlossen werden darf.

Allerdings haben wir auch zwei Kritikpunkte beziehungsweise Wünsche für die Zukunft. Das betrifft einerseits die Öffnungszeiten. Der Konsumraum wird analog zu den Öffnungszeiten des Kontaktladens von Montag bis Freitag von 9 Uhr bis 16 Uhr geöffnet sein. Nun wissen wir aber alle, dass Drogenabhängigkeit kein Wochenende kennt. Wenn sich das Angebot etabliert hat und gut angenommen wird, sollten wir dringend bald darüber nachdenken, die Öffnungszeiten sowohl in den Abendstunden als auch am Wochenende auszuweiten.

Der zweite Wunsch betrifft das Thema Drug-Checking, also die Überprüfung der zum Konsum vorgesehenen Substanzen auf gefährliche Beimengungen oder zur Ermittlung des Wirkstoffgehaltes. Hierfür gibt es bisher leider keine flächendeckende und zufriedenstellende rechtliche Regelung, es würde aber einen großen Beitrag dazu leisten, die Sicherheit des Konsums deutlich zu erhöhen. Daher appellieren wir hier an alle Vertreter*innen der großen Parteien, auf ihre Abgeordneten in Bund und Land einzuwirken, um hier eine gesetzliche Neuregelung auf den Weg zu bringen.

Jetzt hoffen wir aber erst einmal, dass die Umbaumaßnahmen im Kontaktladen schnell und problemlos abgeschlossen werden können und der Konsumraum im Januar 2024 den Betrieb aufnehmen kann.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

  • Gehalten in der Sitzung des Gemeinderats vom 16.05.2023 (wegen Krankheit vertretungsweise verlesen von Anne Reyers)