Seit 2018 betreibt Baden-Württemberg in Freiburg eine Landeserstaufnahmeeinrichtung, in der Menschen, deren Asylverfahren noch läuft, verpflichtet sind, bis zu 18 Monate zu leben. Menschen, deren Identität nicht festgestellt werden kann, müssen sogar auf unbegrenzte Zeit in der Massenunterkunft leben. In den letzten Jahren sind zunehmend Fragen in Bezug auf die volle Umsetzung der Grundrechte auf dem Gelände der LEA aufgeworfen worden. Ein 2020 erstelltes Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass das Land in der Hausordnung, die das komplette Leben in der LEA regelt, die Grundrechte der Bewohner*innen systematisch verletzt. Die Bewohner*innen sind ständigen verdachtsunabhängigen Taschenkontrollen ausgesetzt, dürfen keinen Besuch empfangen und haben keine Möglichkeit zur Selbstversorgung. Politische und religiöse Betätigung ist verboten, Zimmer nicht abschließbar und damit keine Privatsphäre möglich und Zimmerkontrollen durch Sicherheitsdienst und teilweise auch die Polizei sind an der Tagesordnung. Dies ist mit der allgemeinen Handlungsfreiheit, dem Persönlichkeitsrecht, der Unverletzlichkeit der Wohnung und der Meinungs- und Religionsfreiheit der Bewohner*innen nicht vereinbar. Wir sind überzeugt, dass die Stadt, falls sich diese Vorwürfe bestätigen, alles in ihrer Macht Stehende dafür tun muss, diese Zustände zu beenden.
Die Vereinbarung zwischen der Stadt und dem Land über die Einrichtung der LEA sieht eine Evaluation des Jahres 2020 vor, in deren Anschluss „im Benehmen mit der Stadt über den weiteren Betrieb der LEA entschieden“ wird. Dass sich diese Formulierung nun aber als reiner Blender herausstellt und die Stadtspitze betont, dass der Gemeinderat hier nichts mitzureden habe und keinesfalls über den weiteren Betrieb entschieden werde, ist nicht akzeptabel und muss politische Konsequenzen aus dem Gemeinderat nach sich ziehen.
Integration statt Verwahrung
Warum die Stadt kein Interesse an einer kritischen Auseinandersetzung mit der LEA hat, wird schnell klar. Die Vereinbarung sieht nämlich auch vor, dass die Stadt während des Betriebs der LEA von Zuteilungen zur vorläufigen Unterbringung und der Anschlussunterbringung befreit ist und im Gegensatz zur LEA, die durch das Land finanziert wird, würde diese Unterbringung Geld kosten. Freiburg hat aber die Kapazitäten, um Menschen langfristig und auch dezentral unterzubringen und ist hervorragend geeignet, um ein gutes Ankommen in Deutschland zu ermöglichen. Daher fordern wir, dass die Stadt Freiburg, falls sie am Betrieb der LEA festhält, auf die Befreiung verzichtet und wieder langfristig Menschen in unserer Stadt aufnimmt, wo sie tatsächlich am gesellschaftlichen Leben partizipieren können, statt nur verwahrt zu werden.
- Felix Beuter & Irene Vogel