Herr Oberbürgermeister,
liebe Anwesende,
um es direkt vorwegzunehmen: die Fraktion Eine Stadt für alle lehnt verkaufsoffene Sonntage ab. Und das gilt auch, wenn es sich dabei um einen Ausnahmefall handelt.
Unsere Solidarität gilt den Beschäftigten des Einzelhandels, die sich klar gegen verkaufsoffene Sonntage aussprechen. Die Beschäftigten haben sich in mehreren Schreiben an den Gemeinderat gewandt und fordern uns eindeutig dazu auf, die Einrichtung von verkaufsoffenen Sonntagen zu verhindern, auch im Jubiläumsjahr 2020 und auch wenn es sich dabei nur um einen handeln sollte. Anbei sei auch erwähnt, dass es sich uns auch nicht wirklich erschließt, was einkaufen am Sonntag und das Stadtjubiläum miteinander zu tun haben sollen.
Es gibt zwar auch ein Schreiben mit gesammelten Statements aus dem Handel, die sich für verkaufsoffene Sonntage aussprechen, aber diese stammen eben von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern und Besitzerinnen und Besitzern und nicht von Beschäftigten. Eins dieser Statements stammt von der Geschäftsleitung von Galeria Kaufhof Karstadt und in diesem ist die Rede davon, dass sich das „ganze Team“ darauf freue, am 05.07. für ihre Kunden da zu sein. Ich selbst hatte die Gelegenheit gemeinsam mit den Kolleginnen Söhne und Buchen von der SPD-Fraktion an einer Betriebsversammlung der besagten Häuser teilzunehmen und lassen sie mich ihnen versichern, von dieser Freude war bei den knapp hundert anwesenden Beschäftigten überhaupt nichts zu spüren. Auch die in Aussicht gestellten finanziellen Vergünstigungen konnten daran nicht im Geringsten etwas ändern.
Und das ist auch mehr als verständlich. Durch die sowieso bereits langen Ladenöffnungszeiten und dem Umstand, dass der Samstag im Einzelhandel ein regulärer Arbeitstag ist, sind die Beschäftigten im Einzelhandel in besonderer Weise auf den gesetzlichen Sonn- und Feiertagsschutz angewiesen. Nur so können Familie, soziales Leben, ehrenamtliches Engagement und andere Aspekte des Lebens, die außerhalb der Arbeit stattfinden, weiterhin möglich bleiben. Speziell für allein- und getrennterziehende Eltern ist arbeiten an Sonntagen eine besondere Belastung, da es an diesen kaum möglich ist, eine adäquate Kinderbetreuung zu finden. Und da man dieses Argument oft in den sozialen Medien lesen muss: ja, natürlich gibt es auch andere Berufsgruppen, die am Sonntag arbeiten müssen, aber wir sollten uns dringend davor hüten Unterbietungswettbewerbe mitzuspielen, wenn es um die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geht.
Durch die Einschränkungen, die im öffentlichen Nahverkehr an Sonntagen gelten, führt ein vermehrtes Konsumieren in der Innenstadt an Sonntagen auch zu einer deutlich höheren Umweltbelastung, da sowohl Kundschaft und Belegschaft zwangsläufig mehr mit dem Auto kommen werden.
Aus unserer Sicht sind die Möglichkeiten zum Konsum in der Freiburger Innenstadt auch ohne zusätzliche verkaufsoffene Sonntage mehr als ausreichend gegeben. Die Attraktivität des Onlinehandels, dessen Konkurrenz hier oft ins Feld geführt wird, kommt einerseits von den Möglichkeiten der Spezialisierung, die der Einzelhandel vor Ort nur selten bieten kann, vor allem aber von einer Preis- und Retourengestaltung, die sich nur durch die äußerst fragwürdigen Arbeitsbedingungen, ökologische Ignoranz und eine kreative Steuerbuchführung bei den Versandriesen realisieren lässt. Hier ist letztendlich die Bundesgesetzgebung gefragt, Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen einer derartigen Ausbeutungsindustrie Grenzen gesetzt werden. Ein verkaufsoffener Sonntag in Freiburg wird diesen Trend aber mit Sicherheit nicht umkehren können.
Das soll aber natürlich nicht heißen, dass wir nichts für den Einzelhandel in der Innenstadt tun können. Dafür braucht es aber nicht ein einzelnes Marketingevent, das auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird, sondern eine Vielzahl von Maßnahmen, die geeignet sind die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu erhöhen und damit den alltäglichen Besuch dort attraktiver zu machen. Attraktivere Straßen- und Platzgastronomie, schattige Ecken zum Verweilen, mehr Grün, Möglichkeiten zum Sitzen und Genießen ohne Konsumzwang, besser ausgebaute Park and Ride Angebote am Stadtrand im Verbund mit kostenfreier ÖPNV-Einfahrt in die Stadt, ein Päcklebus oder Lieferungen mit Lastenrädern, interessante und unterhaltsame Angebote für Kinder und Familien, autofreie Wochenenden mit kostenfreier ÖPNV-Nutzung und mehr und besser verteilte Radstellplätze sind nur ein paar Stichworte, über die es sich hier lohnen würde nachzudenken. Alle diese Maßnahmen könnten tatsächlich mehr Menschen aus Freiburg und dem Umland in die Innenstadt locken und das ohne, dass die Beschäftigten des Einzelhandels die Zeche dafür zahlen müssen.
Es sollte im Sinne der vielen Beschäftigten im Einzelhandel seitens der Stadt eher darüber nachgedacht werden, ob wir in Freiburg die bereits regelmäßig stattfindenden Mega-Samstage, an denen der Konsum bis Mitternacht zelebriert werden kann, wirklich brauchen. Besonders da auch der Handel selbst oft davon berichtet, dass diese eine große Belastung für die Menschen hinter den Theken darstellen und auch nicht sehr effektiv sind.
Daher kann ich sie alle nur dazu auffordern, die Drucksache abzulehnen.
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.