Herr Oberbürgermeister, liebe Anwesende, ich habe das Glück, heute meine erste Rede vor diesem Haus zu einem größtenteils erfreulichen Thema halten zu dürfen.
Zunächst möchte ich der Verwaltung für diese Vorlage danken. Das aufsuchende Fallmanagement war grundsätzlich ein großer Schritt in die richtige Richtung und wird noch größere Bedeutung bekommen, falls wir erfolgreich dabei sein werden, in Zukunft mehr Menschen aus den öffentlichen Wohnheimen herausholen und dezentral in Wohnungen unterbringen zu können. Daher wird die Fraktion Eine Stadt für alle auch dafür stimmen, das kommunale Integrationsmanagement ein weiteres Jahr fortzuführen.
Besonders lobenswert an dem Ansatz der individuellen und aufsuchenden Ansprache jeder und jedes geflüchteten Menschen ist der Fakt, dass Gruppen, die typischerweise aus verschiedenen Gründen systematisch unterrepräsentiert sind, stärker im Integrationsprozess mitgenommen und zu einem selbstbestimmten Leben befähigt werden können. Im Verbund mit anderen Maßnahmen wie beispielsweise Sprachkursangeboten für Mütter mit der Möglichkeit zur Kinderbetreuung – auch wenn es sich hier wohl nicht um eine pädagogische Betreuung, sondern eher eine Aufsicht handeln wird – können so gerade Frauen* und Mädchen* oftmals besser erreicht und zu gesellschaftlicher Teilhabe befähigt werden. Es freut mich zu sehen, dass bei diesen Angeboten mittlerweile stärker bedarfsorientiert gedacht wird, als es vor einigen Jahren noch der Fall war.
Dasselbe gilt auch für die Zielgruppe. Auch wenn wir später von der so genannten Alternative für Deutschland wahrscheinlich noch Gegenteiliges hören werden, ist es der wohl größte Fortschritt, den wir durch die Einrichtung des kommunalen Integrationsmanagements erreicht haben, dass alle geflüchteten Menschen mit einbezogen werden, unabhängig davon, ob sie sich noch im Verfahren befinden, anerkannt oder geduldet sind. Da wir als Kommune dem Wohlergehen aller Menschen verpflichtet sind, die in dieser Stadt leben, dürfen gerade die, die sowieso schon unter der fundamentalen Unsicherheit leiden, die ein prekärer Aufenthaltsstatus mit sich bringt, nicht auch noch von Integrationsmaßnahmen ausgeschlossen werden. Deswegen sind wir sehr erfreut darüber, dass im Rahmen des Integrationsmanagements auch diesen Menschen gezielte Förderung zukommt und gemeinsam mit ihnen Zukunftsperspektiven erarbeitet werden.
Was für uns stets unverständlich geblieben ist, ist die Beschränkung des Förderzeitraums auf 8 Monate. Eine so starre Regelung ist im Sozialbereich absolut unangemessen, da der Förderbedarf jedes einzelnen Menschen völlig individuell ist und durchaus unter dieser Grenze liegen, sie aber auch übersteigen kann. Daher waren wir sehr positiv überrascht, dass uns von der Verwaltung mündlich mehrfach versichert wurde, dass dieser Zeitraum nun flexibilisiert wird und auch längere Förderzeiten möglich werden – auch wenn ich das der Vorlage leider an keiner Stelle direkt entnehmen kann.
ABER – ja mache mögen es sich bei all dem Lob bereits gedacht haben, es gibt natürlich auch ein Aber – hier wird vor allem die Arbeitsmarktintegration systematisch und langfristig angegangen. Und verstehen Sie mich nicht falsch, natürlich ist ein gleichberechtigter Zugang zum Arbeitsmarkt in unserer kommodifizierten Welt eine der zentralen Grundlagen für ein selbstbestimmtes Leben, aber es ist eben auch nur das, eine Grundlage. Integration geht aber viel weiter und wir dürfen uns nicht darauf ausruhen. Es ist zwar erfreulich, dass auch ein souveräner Umgang mit zivilgesellschaftlichen Stellen wie Sport- und Musikvereinen, Theatergruppen und ähnlichem gefördert wird, aber hier müssen wir gemeinsam mit der Stadtgesellschaft noch einige Arbeit leisten, bis tatsächlich volle Teilhabe für alle möglich ist. Insbesondere wird echte Integration aber nie gelingen können, solange Menschen gezwungen sind, in zentralen Wohnheimen zu leben. Wir müssen daher, wie zu Beginn bereits angesprochen, viel mehr dafür tun, um geflüchtete Menschen mit bezahlbarem und auch tatsächlich zugänglichem Wohnraum zu versorgen.
Das bisher Gesagte betrifft die Ebene der Klientinnen und Klienten des Integrationsmanagements, es gibt aber noch eine weitere: die der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Immer wieder erreichen uns Berichte, dass die Sozialdienste in den Wohnheimen oftmals überlastet sind und die Förderung zu einem großen Teil von dem persönlichen Engagement abhängt, das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Verantwortungsgefühl für ihre Klientinnen und Klienten heraus an den Tag legen und das ihr eigentliches Arbeitspensum oft bei weitem übersteigt. Mit der Einführung des Integrationsmanagements hat sich die Chance geboten, durch die zusätzlichen Stellen die Sozialdienste in den Wohnheimen ein Stück weit zu entlasten. Diese Chance hat man aber leider vertan und den Betreuungsschlüssel in den Wohnheimen – gegen einen Antrag der Fraktionen JPG und UL – von bereits knapp kalkulierten 1:100 auf 1:135 gesenkt. Darum steht die Stadt aus unserer Sicht in der Pflicht, die Arbeitsbelastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – sowohl im Integrationsmanagement, als auch in den Wohnheimen – systematisch zu evaluieren, damit wir sicherstellen können, dass diese nicht alltäglich vor die Wahl gestellt werden, entweder einen Teil der Bedürfnisse ihrer Klientinnen und Klienten vernachlässigen zu müssen oder Selbstausbeutung zu betreiben. Eine solche Evaluation war in der ursprünglichen Vorlage angedacht, ist aber, wie uns das AMI auf Nachfrage mitteilt, bisher nicht erfolgt. Spätestens falls das Integrationsmanagement über das Jahr, das wir heute beschließen, hinaus weitergeführt wird, müssen wir das ändern und gegebenenfalls beim Betreuungsschlüssel nachsteuern.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Rede gehalten zu TOP4 „Pakt für Integration mit den Kommunen hier : Weiterführung des kommunalen Integrationsmanagements“ der Gemeinderatssitzung vom 22.10.2019 Felix’ Rede zur Weiterführung des kommunalen Integrationsmanagements Rede gehalten zu TOP4 „Pakt für Integration mit den Kommunen hier : Weiterführung des kommunalen Integrationsmanagements“ der Gemeinderatssitzung vom 22.10.2019