Gemeinsame Position zum Thema „Sachkundige und Sachverständige Personen in den Ausschüssen des Gemeinderats der Stadt Freiburg“

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Martin Horn,
Liebe Kolleg:innen des Gemeinderats,
Sehr geehrte Damen und Herren,

die Fraktionen EINE STADT FÜR ALLE, Freiburg For You sowie die Gruppierung Kultur/Inklusion lehnen die von den Grünen, der SPD und der CDU vorgeschlagene Abschaffung der sachkundigen Ausschussmitglieder durch Umwandlung in reine Sachverständige ab.

Neben der Tatsache, dass dieser Vorschlag sehr kurzfristig in die Debatte eingebracht wurde, halten wir den Vorschlag auch für wenig durchdacht. Denn er hat viel zu weitrechende Konsequenzen für die Arbeit in den Ausschüssen und die wichtigen Mitwirkungsrechte für gesellschaftliche Akteur:innen aus der Stadtgesellschaft.

Die im offenen Brief von Grünen, SPD und CDU vorgetragenen Gründe einer Entlastung der sachkundigen Bürger:innen im Ehrenamt und einer vermeintlichen Entlastung der Mitglieder des Gemeinderats können wir in keiner Weise nachvollziehen.

Zum einen ist es so, dass viele Sachkundige dieses Amt als wichtigen Teil ihres Ehrenamts und der demokratischen Mitwirkung begreifen und dies nicht als zu große Belastung empfinden. Sie gehen dieser Tätigkeit freiwillig und in der Regel gerne und engagiert nach. Zum anderen entlastet ihre Teilnahme die Gemeinderät:innen. Denn durch die seitens der Sachkundigen eingebrachte Expertise können viele Nachfragen und Klärungen direkt im Gremium stattfinden. Eine unsachgemäße Verzögerung der Ausschusssitzungen durch Beiträge von Sachkundigen und damit eine Erschwerung der gemeinderätlichen Arbeit können wir aus unserer Erfahrung nicht bestätigen.

Darüber hinaus gibt es viele gute Gründen für die Bestellung von regulären Sachkundigen, neben der Bestellung von zusätzlichen Sachverständigen:

• Partizipation und eigenständige Mitwirkungsmöglichkeiten der Stadtgesellschaft über die Mitglieder des Gemeinderats hinaus,
• Unterstützung der Gemeinderät:innen bei der fachlichen Kontrolle und Bewertung der umfangreichen Vorlagen der Verwaltung und
• Expertise über mehrere Themenbereiche und die Entstehung von einzelnen Vorlagen hinweg.

Dem gegenüber haben Sachverständige diese Möglichkeiten nicht und sind dafür auch nicht vorgesehen und bestellt. Nicht zuletzt deswegen sieht die GemO auch beides vor. Sachkundige zur Mitwirkung als Mitglieder des Ausschusses und daneben Sachverständige als Expert:innen zu einzelnen Themen. Sachverständige werden nur zu einzelnen Tagesordnungspunkten beratend hinzugezogen, ohne dabei selbst Mitglieder des Ausschusses zu sein.

Nur gelegentlich hinzugezogene Sachverständige stehen den Gemeinderät:innen im Gremium nicht regelmäßig zum Austausch zur Verfügung und sind auch nicht Teil der regelmäßigen Kommunikation und Arbeit unter den Ausschussmitgliedern.

Gelegentlich hinzugezogene Sachverständige können auch nur zu einzelnen und vorher festgelegten Tagesordnungspunkten sprechen. Bei anderen Themen, die ihren Fachbereich ggf. ebenfalls berühren, können sie nicht aktiv teilnehmen. Dies gilt insbesondere auch für die nichtöffentlich beratenen Tagesordnungspunkte.

Die Fachliteratur zur Bürger:innebeteiligung und Demokratietheorie beschreibt Sachkundige, anders als Sachverständige, zudem als Element der Mitwirkung und Partizipation, insbesondere für Gruppen und Themen, die über Wahlen keine Repräsentanz haben oder haben können, insbesondere Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, Menschen mit Behinderung, Migranti:innen, sozial benachteiligte Personengruppen, die Natur, die Kultur und ähnliches.

Sollte der Vorschlag tatsächlich mehrheitsfähig sein, wäre das ein Rückschritt an partizipativen Rechten der Stadtgesellschaft über den Gemeinderat hinaus und ein erheblicher Verlust an zusätzlicher Kompetenz und Expertise. Gerade auch vor dem Hintergrund der vielen neugewählten Gemeinderät:innen halten wir den von Grünen, SPD und CDU gemachten Vorschlag für falsch.

Gez. für die unterzeichnenden Fraktionen und Gruppierungen

Lina Wiemer-Cialowicz, Fraktionsvorsitzende, EINE STADT FÜR ALLE
Gregor Mohlberg, Fraktionsvorsitzender, EINE STADT FÜR ALLE
Daniela Ullrich, Stellv. Fraktionsvorsitzende, EINE STADT FÜR ALLE

Sophia Kilian, Fraktionsvorsitzende, FR4U
Felicia Fehlberg, Fraktionsvorsitzende, FR4U

Markus Schillberg, Stadtrat, Kultur/Inklusion
Ramon Kathrein, Stadtrat, Kultur/Inklusion