Gemeinwohlorientierte Projekte schaffen genau den Wohnraum, den wir in Freiburg brauchen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe Anwesende im Ratssaal wie auch auf der Empore,

inzwischen werden immer öfter historische Anleihen gemacht, beim Baugebiet von Kleineschholz ist das angebracht, und so bemühe auch ich die Historie:

Im Stühlinger wurden bei den Stadtteilleitlinien von 2011 – veröffentlicht 2014 –  wie auch bei der Bürgerbeteiligung vom Rathaus-Neubau immer wieder neue Wohnmodelle gefordert.
So heißt es dort, dass es eine Beratung und Förderung generationenübergreifender Wohnmodelle und Baugruppen geben solle, Neubauflächen sind für Genossenschaften und Baugruppen vorzuhalten, die Verbindlichkeit bei Partizipationsprozessen einzuhalten sowie die Sozialverträglichkeit von Sanierungsvorhaben zu überprüfen. Eine qualitätsvolle Innenentwicklung beinhalte auch das Monitoring von Bauprojekten, damit Fehlentwicklungen von Investorenprojekten vorgebeugt bzw. diese korrigiert werden können.

Und heute können wir konstatieren, dass bei Kleineschholz nicht nur auf die Stühlinger Bewohner:innen gehört wurde, sondern dass auch die vielen Gespräche, die die Projektgruppe Kleineschholz führte, in die Drucksache mündeten, welche uns nun zur Abstimmung vorgelegt wird.

An allen drei Drucksachen ist die Aufmerksamkeit und Leidenschaft erkennbar, mit der versucht wird, ein beispielhaftes Projekt zu planen, zu entwickeln und zur Baureife zu führen.

Die Gespräche egal ob mit dem Land, der BiMA, den Banken, den Bauvereinen, den Genossenschaften oder dem Mietshäusersyndikat zeigten Wirkung und brachten eine Konzeptvergabe auf den Weg, die für Freiburg so zum ersten Mal präsentiert wird.

Konzeptvergaben setzen sich inzwischen auch in Baden-Württemberg immer mehr durch, so sind diese Verfahren in Städten wie Offenburg, Rottweil, Karlsruhe oder Konstanz – um nur einige zu nennen – bereits durchgeführt worden.

Eine Konzeptvergabe bietet sich idealerweise für ein Gelände oder ein Gebäude an, in dessen Besitz die Kommune schon ist oder klar ist, dass sie es erwerben kann. Sollte im Rahmen der Konzeptvergabe weiter veräußert werden, unterliegt der Kaufpreis für einen Bewerber dem jeweiligen Verkehrswert. Während des Verfahrens muss die Kommune darauf achten, dass sie alle Bewerber:innen gleich behandelt. So können nachträglich nicht Kriterien angepasst und/oder auf einen bestimmten Bewerber:in zugeschnitten werden, damit dieser zum Zuge kommt. Sind im Anschluss einer Konzeptvergabe Verträge zwischen Baugruppe und Verwaltung zu schließen, unterliegen diese den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs. 

So ist auch die Drucksache 23/201 zu lesen, in der die vielen Kriterien aufgeführt sind.

Unsere Fraktion lobt selten und wenn mit Bedacht, doch hier hat die Stadt mit der Vorlage das Ihrige getan, um in schwierigen Zeiten ein Baugebiet zu entwickeln und potenzielle Bauherrinnen und Bauherrn zu animieren, sich um ein Grundstück zu bewerben. 

Für gemeinwohlorientierte Projekte, Genossenschaften, die Freiburger Stadtbau, Mitarbeiterwohnungen und Wohnungen für Menschen mit besonderen Problemlagen wird hier der Boden bereitet – genau zu dem, was wir in Freiburg jetzt brauchen. Dass Bund und Land dieses Vorhaben – durch schlechte und nicht angepasste Förderprogramme – bis jetzt im Regen haben stehen gelassen, fällt nicht in die Verantwortung der Freiburger Kommunalpolitik. Das ist ganz offensichtlich.

Auch die IHK-Umfrage kommt zur gleichen Schlussfolgerung, nämlich, dass ein großer Bedarf nach bezahlbarem Wohnraum besteht.

Denn anders als zu Beginn des Projektes geplant, verschlechterten sich die Rahmenbedingungen durch die Pandemie und aufgrund der Folgen des Ukrainekriegs leider massiv. Außerdem passten Bund und Land Förderprogramme bisher nicht an die Entwicklungen an und vernachlässigen damit die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Auch wenn auf den großen bundespolitischen Parteitagen von Mietenoffensive, sozialer Förderung usw. gesprochen wird, bis hier durchsetzungsreife Vorlagen kommen, wird es leider wohl noch dauern. Da die Hoffnung zuletzt stirbt, haben wir hier trotzdem noch Hoffnung, dass sich Bund und Land schnellstmöglich an ihre Versprechen aus dem Koalitionsvertrag erinnern und auch umsetzen: Eine neue Wohngemeinnützigkeit mit steuerlicher Förderung und Investitionszulagen gegen alle Widerstände durchzusetzen und damit auch eine dauerhafte Sozialbindung im bezahlbaren Wohnraum zu erzeugen.

Freiburg hat bzgl. dieses Stadtteiles unseres Erachtens nach alle Segel richtig gesetzt. Gegenwind kommt einzig und allein von der schlechten Politik der Ampel aus Berlin und den widrigen globalen Rahmenbedingungen. Wer sich hier jetzt ins Fäustchen lacht, der schneidet wohnungs- und mietenpolitisch sich und der ganzen Stadtgesellschaft ins eigene Fleisch.
Die Stadt hat mit den Ausnahmeregelungen für Kleineschholz das Ihrige getan, um ein gewisses Maß an Möglichkeiten zu schaffen, um gemeinwohlorientierte Projekte zu befähigen, ein Bauvorhaben durchzuführen.

Diese Sonderregelungen für das Baugebiet Kleineschholz sind nur gerechtfertigt, wenn sie nur hier und nur hier stringent auf die gemeinwohlorientierten Projekte und deren Bedarfe zielen und nicht als Blaupause oder gar als Probelauf für Dietenbach angesehen werden.

Zum Schluss eine persönliche Anmerkung: als Stühlinger Bürgerin, die sich seit über 10 Jahren mit dem Projekt Kleineschholz beschäftigt, bin ich gespannt, wie und ob sich unsere Visionen und Vorstellungen aus den Stadtteilleitlinien von 2012 realisieren lassen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.