„Jung, wohnungslos und psychisch erkrankt – wo fangen wir an?“

Rede zur Fachtagung am 7. Mai 2024 bei der Straßenschule FR: „Jung, wohnungslos und psychisch erkrankt – wo fangen wir an?“

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ich darf hier, als Mitglied des Freiburger Gemeinderates, den Oberbürgermeister Martin Horn vertreten, der sich herzlich für die Einladung bedankt. Aber er hat leider einen anderen wichtigen Termin. Bestimmt wäre er gerne gekommen, denn er hat wie so viele unter uns, ebenfalls Sozialarbeit studiert.
Deshalb werde ich jetzt einfach einmal frech in seinem Namen, Ihnen und Euch allen, die Ihr Euch im sozialen Bereich und insbesondere um junge Menschen in Wohnungsnot kümmert, herzlich danken.
Wir wissen freilich – spätestens seit Corona – dass der Applaus von den Balkonen nice ist. Besser ist eine großzügige Förderung dieser Arbeit und eine bessere, angemessene Bezahlung!
Mit Sicherheit hätte er Ihnen und Euch auch gesagt, wie sehr er persönlich die Situation auf dem Freiburg Wohnungsmarkt missbilligt und er alles dafür tut, viele hunderte, nein tausende neue Wohnungen bauen zu lassen. Aber auch, welche Schwierigkeiten dem entgegen stehen…
In der Tat! Es ist angesichts der fehlenden geeigneten Förderprogramme durch Bund Land schier nicht mehr möglich, für alle bezahlbare Mietwohnungen zu bauen.

Sie laden heute ein zum Thema: „Jung, wohnungslos und psychisch erkrankt – wo fangen wir an?“ ein. Gerne würde ich hier sagen: Ganz einfach, die jungen Leute brauchen erst einmal eine gute, bezahlbare Wohnung. „Housing first!“ Na klar…was sonst?
Aber in Freiburg fehlen, nach wissenschaftlichen Studien, rund 20.000 Mietwohnungen im unteren Preissegment. Kein Ende in Sicht. Wer fett Kohle hat, findet trotzdem immer was, aber all die anderen gehen seit langem leer aus, müssen sich viel zu oft irgendwie selber helfen oder landen eben auf der Straße!
Jung, wenig Geld und vielleicht noch ein Rucksack voller Probleme. Da hat der freie Wohnungsmarkt wenig Verständnis. Umso mehr sind all die anderen gefordert. Die Stadt mit ihrer Stadtbau GmbH ist ja immer wieder hilfsbereit. Aber was ist mit den anderen? Die so genannten Genossenschaften oder die BIMA, die bundeseigene Wohnbaugesellschaft? Aber natürlich auch die großen Vermietungsgesellschaften wie Vonovia, Deutsche Wohnen oder Deutsche Investmet Immobilien, die gerade Pleite geht.
Für alle gilt das Grundgesetz und das sagt im Artikel 14: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ … und im nächsten Satz heißt es: Eine Enteignung ist zum Wohle der Allgemeinheit zulässig.
Leider haben die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes, es versäumt, wichtige soziale Menschenrechte explizit in den Verfassungsrang zu heben. So ist es zwar längst unstrittig, dass „Wohnen ein Menschenrecht“ ist, aber um das rechtlich herzuleiten, müssen wir ins EU- oder UN-Recht gehen oder aber den Artikel 1 bemühen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Und zu dieser Würde des Menschen gehört es nun einmal ein angemessenes und bezahlbares Dach über den Kopf zu haben, wo wir Schutz und Geborgenheit finden und uns wohlfühlen können. Jeder Student im ersten Semester kennt das Watzlawik’sche Axiom, man können nicht nichtkommunizieren. Ich habe schon vor rund 25 Jahren davon abgeleitet: „Mensch kann nicht Nichtwohnen“.
Wir alle müssen wohnen. Menschen können auf vieles verzichten, aber nicht darauf, eine gute Wohnung zu haben. Ohne ein gescheites Zuhause funktioniert vieles andere auch nicht, können wir nicht glücklich leben. Und um das muss es letztlich gehen. Jede von uns hat ein Recht auf ein gelingendes, nein glücklicheres Leben! Ein glückliches Leben!
Aber: Geschätzte 37.000 junge Menschen sind hierzulande wohnungslos.
Sie verweisen heute mit dem Tagungsthema aber auch darauf, dass den Menschen, um die Sie sich hier vor allem sorgen und für die Sie sich engagieren, nicht nur eine gute, bezahlbare Wohnung fehlt, sondern, dass – wen wundert es – viele davon auch mit psychischen Nöten und Problemen zu kämpfen haben. Die Ursachen sind vielfältig und komplex, wie so oft. Einfache Lösungen gibt es da nicht. Oft sind es Teufelskreise, wo niemand sagen kann, so oder so habe es angefangen und so oder so komme mensch da wieder raus!
Jede/r einzelne junge Mensch ist wertvoll. Er/sie ist es allemal wert, dass immer wieder neue Ansätze und hoffnungsvolle Projekte weiterentwickelt, gefördert und verstetigt werden, damit auch wirklich alle, ein selbstbestimmtes und gelingendes Leben führen können!
Umso wichtiger ist es, dass hier und heute der Raum geschaffen wird, miteinander darüber nachzudenken, sich Anregungen zu holen und miteinander Strategien und Handlungsoptionen auszuloten, wie es uns noch besser gelingen kann, gute Soziale Arbeit zu leisten.
Hierfür wünsche ich Ihnen und Euch gutes Gelingen.

Früher hieß es mal:
„Es gibt viel zu packen, tun wir es ihnen an!“
Vielen Dank