EINLEITUNG
Steigende Preise für Wärme und Strom werden vielen Haushalte in den nächsten Monaten schwer zusetzen. In Verbindung mit der allgemeinen Preissteigerung und einer unsicheren internationalen Lage wird diese zusätzliche finanzielle Belastung inbesondere Menschen in Grundsicherung und mit kleinen Einkommen (sog. Schwellenhaushalte) besonders hart treffen.
Von Bund bis zu den Kommunen stehen alle in der Pflicht, hier zu entlasten und einen sozialen Ausgleich zu schaffen. Auch im Hinblick auf eine Akzeptanz von notwendigem Klimaschutz ist eine sozial-ökologische Lösung hier das Gebot der Stunde.
Der von der Bundesregierung beschlossene einmalige Heizkostenzuschuss von 135 Euro wurde jetzt auf 270 Euro erhöht. Das ist gut so, aber er gilt vor allem für Wohngeldempfänger:innen und nicht für Empfänger:innen von Grundsicherung. Für die Empänger:innen von Grudsicherung müssen jetzt die steigenden Heizkosten von den Kommunen getragen werden, inklusive der aktuellen Preissteigerungen.
Die ebenfalls steigenden Stromkosten werden für Grundsicherungs-Empfänger:innen allerdings von niemandem übernommen oder gedämpft. Diese sind voll und ganz aus den Regelsatzleistungen (derzeit 38 Euro für Strom) zu tragen. Allerdings wurde der Regelsatz von der Bunderregierung bisher nicht angepasst, obwohl dieser ohnehin schon seit Jahren zu niedrig ist. Erschwerend kommt hinzu, dass gerade günstige Anbieter ihre Verträge jetzt kündigen und die Kund:innen dadurch zwangsläufig in sehr teure Verträge der Grundversorger einsteigen müssen. Die badenova müsste darauf, als regionaler Grundversorger mit kommunaler Beteiligung und öffentlichem Auftrag, mit einer sozialen Preisstaffelung reagieren. Preissteigerungen – bei Vertragswechsel von weit über 60% – sind weder in den Regelsätzen abgebildet, noch sind sie für Menschen mit kleinen Einkommen tragbar.
Unsere Fraktionsgemeinschaft EINE STADT FÜR ALLE schlägt vor:
KURZFRISTIG
- Einrichtung eines städtischen Stromkostenzuschusses von (mind.) 5 Euro im Monat pro Person im Haushalt. Dieser kann für Empfänger:innen von Transferleistungen und Empfänger:innen von Wohngeld auf Antrag und dem Nachweis einer Preiserhöhung (ab Juli 2021, Arbeitspreis brutto ct/kWh < 35 cent) durch den Versorger, von Seiten der Stadt gewährt werden.
Der städtische Stromzuschuss soll fortbestehen, bis weitreichendere und gerechtere Lösungen seitens der Bundesregierung und/oder der badenova eingeführt worden sind (z.B. in Zusammenarbeit mit der Stadt und anderen Kommunen, ein Sozialtarif angeboten wird oder der Regelsatz realkostendeckend erhöht wird).
Kosten und Finanzierung: In Freiburg könnten ca. 16.000 Personen in SGB II und SGB XII Bezug und aktuell ca. 4000-5000 Empfänger:innen von Wohngeld von diesem Stromkostenzuschuss profitieren. Die Gesamtkosten für den städtischen Haushalt lägen hier bei 60 Euro x 20.000 = 1,2 Mio Euro jährlich.
Finanziert werden können diese Mehrausgaben über die Mehreinnahmen aus der Gewerbesteuer. Auf Basis der aktuellen Steuerschätzung wird sich die Höhe der Gewerbesteuereinnahmen gemäß dem 2. Finanzbericht 2021 auf eine Rekordsumme von voraussichtlich 210 Mio. Euro belaufen; im Doppelhaushalt 2021/2022 sind bislang 192 Mio. Euro eingeplant.
- Einrichtung eines städtischen Sozialfonds für die Übernahme eines Teilbetrags der vereinbarten Abschlagszahlungen im Fall von aufgelaufenen und unverschuldet verursachten Stromschulden. Ziel ist es hier, den Einstieg in mögliche Schuldenspiralen zu verhindern.
- Eine verbindliche Zusage der Stadt, gestiegene Heizkosten aufgrund der aktuellen Preiserhöhungen für Haushalte von Transferleistungsempfänger:innen vollständig zu übernehmen.
- Das Programm „Austausch Weiße Ware & Stromsparcheck“ muss in der Bewerbung und Bekanntmachung intensiviert werden, mit dem Ziel mehr stromfressende Geräte auszutauschen und mehr Haushalte mit diesem Angebot zu erreichen, insbesondere auch aus dem Personenkreis „Grundsicherung im Alter“.
- Die Stadt Freiburg soll der badenova vorschlagen, zeitnah ein Tarifmodell zu entwickeln, das einen Strom-Sozialtarif für Transferleistungsempfänger:innen vorsieht.
MITTELFRISTIG
- Mietneutrale Wärmesanierung von FSB-Bestandswohnungen (Verbrauchseffizienz, Wärmeversorgung, Dämmung, PV-Integration) u..a. aus den Mitteln des Klimafonds in den Haushaltsjahren 2023/2024.
LANGFRISTIG
- Schnellere Wärmesanierung öffentlicher Gebäude zur Entlastung bei den laufenden Betriebskosten und damit des städtischen Haushalts.
VON DER BUNDESREGIERUNG FORDERN WIR
- Kurzfristig wollen wir eine Einmalzahlung an Grundsicherungsempfänger:innen in einer Höhe von mind. 200 Euro. Im Weiteren braucht es eine umgehende Erhöhung der Regelsätze in der Grundsicherung um mind. 100 Euro im Monat bzw. in einem nächsten Schritt von 449 Euro im Monat auf 678 Euro im Monat (Forderung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes), um armutsfest die Realkosten abzudecken, Preissteigerungen und Inflation auszugleichen und insbesondere die Bereiche Mobilität, Ernährung und Energieversorgung realistisch zu berücksichtigen (https://www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/hartz-iv-regelsatz-um-mehr-als-50-prozent-zu-niedrig-paritaetischer-fordert-anhebung-der-grundsicherung/).
- Eine zeitlich befristete Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom- und Wärmekosten, die an die Verbraucher:innen weitergegeben wird.
- Eine Reform des Strompreismarktes, die privaten Verbraucher:innen günstige und preisstablile Grundversorgungskontingente zur Verfügung stellt und damit wichtige soziale und ökolgische Steuerungskriterien abbildet.
WAS UNSERE FRAKTION JETZT TUN WIRD
Unsere Fraktion wird in den kommenden Tagen dazu einen Antrag an den Gemeinderat vorbereiten und ihn ggf. mit Vorschlägen aus anderen Fraktionen ergänzen. Wir werden anschließend um breite Unterstützung im Gemeinderat, beim Oberbürgermeister, der Stadtverwaltung sowie der badenova werben.
Wir schließen uns außerdem dem Schreiben „Offener Brief von breitem zivilgesellschaftlichen Bündnis zu ausbleibenden Hilfen für die Ärmsten“ an, veröffentlicht am 15.02.2022 vom Paritätischen Wohlfahrtsverband unter https://www.der-paritaetische.de/alle-meldungen/offener-brief-von-breitem-zivilgesellschaftlichen-buendnis-zu-ausbleibenden-hilfen-fuer-die-aermsten/.
Darin wird von der Bundesregierung u.a. gefordert:
„Vor dem Hintergrund der für die Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums ohnehin unzureichenden Regelsätze für Kinder, Jugendliche wie Erwachsene, der zusätzlichen Belastungen in der Pandemie sowie hoher Preissteigerungsraten appellieren wir daher dringend an Sie, mit dem Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder und Corona-Hilfen für alle Grundsicherungsbeziehenden zügig gezielte Hilfen in substanzieller Höhe zu beschließen.“