Mehr gebundene Ganztagesschulen sind der richtige Weg

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe Anwesende,

wir freuen uns, dass mit dem Adolf-Reichwein-Bildungshaus und der Johannes-Schwarz-Schule zwei weitere gebundene Ganztagsschulen ihren Beitrag zu mehr Chancengleichheit bei der Bildung und mehr Entlastung bei den Eltern leisten werden. Glück auf!

Bildung ist das wichtiges „Mittel, um Armut, Arbeitslosigkeit und Benachteiligung zu entfliehen, gesund zu bleiben und ein langes und gutes Leben zu führen, sich zu informieren und sich aktiv am sozialen, kulturellen und politischen Leben zu beteiligen“ lesen wir in den Blättern für politische Bildung.

Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland noch immer signifikant schlecht bei Bildungsvergleichen ab. Regelmäßig stehen hier Länder mit einem gut ausgebauten Ganztagsschulsystem ganz oben im Ranking – etwa Kanada, Singapur und Estland. Baden-Württemberg liegt im inneren Ländervergleich mit rund 20 Prozent im unteren Bereich, während andere Bundesländer, wie Sachsen nahezu bei 100 liegen.

Zudem vermeldete der Südwestfunk am 30. 8. 2023: „Das Bildungsniveau in Deutschland hat sich laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in den vergangenen Jahren dramatisch verschlechtert. Im Ländervergleich macht Baden-Württemberg im Vergleich zum Vorjahr zwar einen Platz gut … verliert aber wie kein anderes Land so stark.“

Umso mehr freuen wir uns, dass nun mit Lehen und Weingarten zwei neue gebundene Ganztagsgrundschulen hinzukommen. Mit dieser Schulform können die Chancen für alle Kinder besser gefördert werden. Denn oft genug sind Eltern von unserem Bildungssystem überfordert und können auch vorhandene Angebote, aus unterschiedlichsten Gründen, nicht hinreichend annehmen. Für diese neue gebundenen Form braucht es nun keine besonderen Anmeldeformulare, keine guten Deutschkenntnisse und auch keine Fristen etc. – Alle Kinder werden an mindestens vier Tage 8 Stunden lang begleitet und gefördert. Und diese professionelle Begleitung kann entscheidend dazu beitragen, jedes einzelne Kind besser zu unterstützen. Nicht zuletzt wünschen wir uns eine gelingende Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Akteur_innen und Initiativen.

Zugleich verweisen Evaluationsstudien darauf, dass es mit der Schulform alleine nicht getan ist. Es braucht auch die passenden räumlichen und persönlichen Kapazitäten um das neue System adäquat mit neuem Leben füllen zu können. 

Von daher begrüßen wir es, dass in der Vorlage angekündigt wird, dass die Konzept- und Bedarfsentwicklung mit Unterstützung externer Berater und mit allen Beteiligten gemeinsam erarbeitet würde. Neben den Lehrerkollegien müssen natürlich die Eltern eingebunden werden. Aber nicht minder wichtig sind auch hier die Kinder, die nach § 8 SGB VIII sogar ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Mitbestimmung haben.   

Ist es dann nicht geradezu kontraproduktiv, wenn von vorneherein die Vorgabe gemacht wird, „dass keine über die bereits beschlossene Erweiterung hinaus gehenden zusätzlichen Flächen generiert, alle Flächen optimal genutzt und reine Verkehrsflächen möglichst vermieden werden“ dürfen?

Selbst an der baulich sensationell gelungenen Reichwein-Schule sind augenscheinlich die Raumkapazitäten mittlerweile ausgeschöpft. Die war ursprünglich für 400 Schüler_innen gebaut worden, heute sind dort 550 untergebracht, also rund ein Drittel mehr. Und mit der Nachverdichtung in Weingarten und den Neubauten im Lindenwäldle werden wohl noch mehr Schüler_innen ins Rieselfeld ausweichen müssen. 

Wir plädieren daher dafür, zunächst einmal alle erforderlichen Bedarfe zu eruieren und dann in einem zweiten Schritt in den Ausschüssen und im Gemeinderat zu klären, was letztlich wie umgesetzt werden soll und kann.

An dieser Stelle möchten wir exemplarisch auch auf den Brief der Elternbeirät_innen aus Lehen verweisen, die auf konkrete Probleme hinweisen. Hier ist nicht der Ort das im Detail auszudiskutieren. Wir wünschen uns aber zeitnahe kläre Gespräche vor Ort!

Auf eines sei dennoch verwiesen. In Bezug auf die künftige enge Nachbarschaft von Kita und Grundschule in Lehen wird von „…Synergieeffekten“ gesprochen und von einer gemeinsamen Nutzung von Räumlichkeiten.

Das kling zunächst gut, aber der Brief aus der Elternschaft spricht auch die Sorge von Störungen und Reibungsverlusten an. Hier wäre u.E. darauf zu achten, dass funktionierende Kommunikationsstrukturen geschaffen werden, die die gewünschten positiven Effekte ermöglichen. Ein solcher Effekt könnte z.B. eine gute gelingende Übergangsbegleitung zwischen Kita und Grundschule sein. Wo, wenn nicht hier sollte dies gelingen.

Auch die Übergänge zu den weiterführenden Schulen sollten im gebundenen Ganztagsmodell mit den Schüler_innen und Eltern konzeptionell abgesichert sein, damit alle Kinder sich auf einem bestmöglichen Bildungsweg machen können. 

Vor diesem Hintergrund freuen wir uns über die beiden neuen gebundenen Grundschulen und wünschen allezeit ein gutes Gelingen.