Messerverbotszone ist reine Symbolpolitik und keine echte Lösung

Eine Messerverbotszone am Stühlinger Kirchplatz ist reine Symbolpolitik und keine echte Lösung

Die Fraktion Eine Stadt für alle lehnt die Entscheidung von Oberbürgermeister Martin Horn ab, par ordre du mufti am Stühlinger Kirchplatz dauerhaft eine Waffen- und Messerverbotszone einzurichten.
Diese Maßnahme erscheint uns vor allem als Symbolpolitik mit stigmatisierendem Charakter und mit einem Pauschalverdacht gegenüber bestimmten Personengruppen. Es birgt die Gefahr, gesellschaftliche Rassismen zu stärken und insbesondere migrantische Platznutzer:innen zu treffen.

Unsere Fraktion erkennt an, dass sich die Situation auf dem Platz in den vergangenen Jahren negativ entwickelt hat. Nicht zuletzt, deswegen haben wir erfolgreich die Initiative ergriffen, einen Platz für ein sozio-kulturelles und integratives Gesamtkonzept zu entwickeln.

An diesem gilt es mit aller Kraft und unter Einbindung der vielfältigen Platznutzer:innen weiterzuarbeiten. Der Fokus hier wurde eindeutig auf integrative und soziale Konzepte gelegt und darf sich jetzt nicht schleichend zu Gunsten von Stigmatisierung und Verdrängung verschieben.

Wir halten eine punktuelle Verbotszone für eine populistische Maßnahme, die nicht an den eigentlichen Ursachen der Probleme ansetzt und stattdessen neue Risiken wie Diskriminierung und willkürliche Polizeikontrollen schafft. Weder statistische Daten noch Praxisbeispiele aus anderen Städten sprechen dafür, dass eine solche Zone nachhaltige Verbesserungen bewirkt.

In Hamburg, wo bereits seit 2007 eine Waffenverbotszone besteht, konnte die Gewaltkriminalität kaum reduziert werden. Leipzig hat seine Zone rund um die Eisenbahnstraße sogar aufgrund mangelnder Wirkung wieder abgeschafft. Die Freiburger Polizei arbeitet bereits mit knappen Ressourcen und die geplante Messerverbotszone würde zusätzliche Kontrollaufgaben mit sich bringen, für die schlichtweg nicht genug Personal vorhanden ist. Erfahrungen aus Köln zeigen, dass Tausende von Kontrollen nötig sind, um wenige Verstöße festzustellen – ein enormer Aufwand, der an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden könnte.

Im besten Fall werden durch ein solches Verbot einige Messer eingezogen und kurzfristig das subjektive Sicherheitsgefühl einzelner Anwohner verbessert. Im schlimmsten Fall entstehen aber neue Probleme: Die Kriminalität wird lediglich verdrängt, Diskriminierungserfahrungen durch pauschale Kontrollen nehmen zu, und die Bürger werden in falscher Sicherheit gewogen. Kriminalität verschiebt sich erfahrungsgemäß räumlich und zeitlich, verschwindet jedoch nicht.

Wissenschaftliche Untersuchungen weisen ebenfalls auf mögliche und langfristige negative Folgen für das Sicherheitsgefühl hin. So warnt etwa das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen davor, dass Verbotszonen oft mehr Schaden als Nutzen verursachen. Der Ruf eines Platzes könnte sich verschlechtern, und das subjektive Unsicherheitsgefühl könnte steigen, während die eigentlichen Ursachen der Gewaltkriminalität – Armut, Perspektivlosigkeit und problematische Männlichkeitsbilder – unberührt bleiben.

Darüber hinaus bergen anlasslose Kontrollen die Gefahr von willkürlichen Maßnahmen und Racial Profiling. Erfahrungen aus anderen Städten zeigen, dass insbesondere junge Männer, die als migrantisch gelesen werden, unverhältnismäßig häufig kontrolliert werden. Dies verstärkt Diskriminierung, untergräbt das Vertrauen in die Polizei und erzeugt ein Gefühl der Ausgrenzung. Freiburg droht so, einen öffentlichen Platz de facto zur No-Go-Area für bestimmte Bevölkerungsgruppen zu erklären.

Auch rechtsstaatliche Bedenken sprechen gegen diese Maßnahme. Erst kürzlich wurde in Halle eine ähnliche Waffenverbotszone vom Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt für unwirksam erklärt, da keine ausreichende gesetzliche Grundlage für anlasslose Kontrollen bestand. Dies verdeutlicht die Problematik solcher Grundrechtseingriffe, die von der Polizei dennoch – oder gerade deshalb – häufig befürwortet werden.
Für unsere Fraktion steht fest, dass repressive Maßnahmen wie Messerverbotszonen keine nachhaltige Lösung bieten. „Die Ursachen von Gewalt lassen sich nicht punktuell mit Verboten bekämpfen“, betont die Fraktionsvorsitzende Lina Wiemer-Cialowicz.

ir fordern daher eine konsequente Stärkung des sozial-integrativen Gesamtkonzepts für den Kirchplatz, das Prävention, soziale Arbeit, Teilhabe und Bildung ins Zentrum rückt. Die für zusätzliche Polizeipräsenz vorgesehenen Mittel wären deutlich wirkungsvoller in Streetwork, Jugend- und Suchtberatung sowie in städtebauliche Verbesserungen investiert. Die Polizei verfügt durch die bestehende Einstufung des Platzes als „gefährlicher Ort“ bereits über ausreichende Eingriffsrechte. Eine zusätzliche Verbotszone würde kaum zusätzliche Sicherheit schaffen, aber das Risiko einer Stigmatisierung des gesamten Viertels erhöhen.

„Unser Ziel ist ein Platz für alle Menschen. Dies erreichen wir nicht durch Verbotsschilder und willkürliche Polizeikontrollen, sondern durch engagierte Präventionsarbeit und sozialpolitische Maßnahmen“, ergänzt Stadtrat Felix Efosa. Wir appellieren an Oberbürgermeister Horn und die Stadtverwaltung, diesen nachhaltigen Weg einzuschlagen, statt auf kurzfristige Symbolpolitik zu setzen.

Die Fraktion „Eine Stadt für alle“ wird die Entwicklung weiterhin kritisch begleiten und sich konsequent für eine integrative, gemeinschaftliche Lösung am Stühlinger Kirchplatz einsetzen.