Die Diskussion über den 2. Finanzbericht zum laufenden Haushaltsjahr steht natürlich unter dem Eindruck der gestrigen Haushaltsreden und dem eingebrachten Entwurf eines Haushaltsplans für die kommenden 2 Jahre.
Was das laufende Haushaltsjahr angeht, so haben wir viele Stunden damit verbracht, über die Konsequenzen eines coronabedingten Minus von 77 Millionen nachzudenken, es kam dann ganz anders. Wir können aus den Einnahmen des laufenden Jahres sogar heute eine ganze Reihe von Maßnahmen für die kommenden zwei Haushaltsjahre beschließen. Solche Korrekturen früherer Prognosen haben immer ihre Gründe, hier sind es die Corona-Zuschüsse von Bund und Land, aber auch die bei weitem nicht so negative Entwicklung der Einnahmen aus Steuern wie angenommen.
Über die Jahre hinweg hat sich bei uns eine gesunde Skepsis gegenüber den Annahmen und Prognosen der Verwaltung entwickelt. Nicht, weil wir daran zweifeln würden, dass mit großer Ernsthaftigkeit über Monate hinweg versucht wird, uns einen ausgeglichenen Haushaltsplanentwurf vorzulegen, der den Grundsätzen einer ordentlichen Haushaltsführung entspricht, sondern weil wir immer wieder die Erfahrung machen, dass es doch ganz anders kommt.
Wir haben nicht die Möglichkeiten, im einzelnen den angenommenen Rückgang bei den Schlüsselzuweisungen um runde 40 Millionen € zu überprüfen. Wir haben aber festgestellt, dass die Orientierungsdaten des Ministeriums vom 14. Oktober 2020 viel Spielraum beinhalten. Und auf dieser Basis sollen wir jetzt eine Streichliste beschließen, etwa mit dem Ausbaustopp bei der Schulkindbetreuung und der Schulsozialarbeit? Da können wir jetzt schon sagen, dass wir uns dies alles sehr gründlich überlegen müssen. Da verlangen wir im einzelnen noch Aufklärung, etwa wieso die Verwaltung von Mindereinnahmen bei den Schlüsselzuweisungen von über 40 Millionen ausgeht.
Es kommt noch etwas hinzu: die frühzeitige Einbindung des Regierungspräsidiums in die Haushaltsplanung und dessen Vorgaben. Das sieht die Gemeindeordnung nicht vor und diese Freiburger Praxis hat ihre Schattenseiten. Bevor wir auch nur ein Wort als Gemeinderat über den Haushalt wissen oder gar besprochen haben werden so zunächst der Verwaltung und dann uns Rahmenbedingungen vorgegeben, die uns alle massiv einschränken. Legt man Verfassung und Gemeindeordnung zu Grunde, so ist die Rolle des Regierungspräsidiums eine andere. Nach Verabschiedung des Haushalts muss geprüft werden, ob die Leistungsfähigkeit der Gemeinde überzogen wurde. Das Regierungspräsidium steht von Rechts wegen ganz am Schluss, bei uns steht es ganz am Anfang. Das führt dazu, dass wir bei sämtlichen Beratungen als entscheidendes Argument immer hören müssen, dies oder das sei „nicht genehmigungsfähig“, das hängt wie ein Damoklesschwert über allem was wir denken und entscheiden, obgleich auch der entsprechende Referent im RP vor Verabschiedung des Haushaltes und den dann gegebenen Eckpunkten keine verlässliche Aussage über die Leistungsfähigkeit Freiburgs und damit die Genehmigungsfähigkeit des Haushalts machen kann. Bei dieser Freiburger Praxis noch davon zu sprechen, dass der Haushalt das Königsrecht des Gemeinderats sei fällt schwer.
Wir wissen selber, dass wir uns nicht in einem luftleeren Raum bewegen. Aber ob wir Kredite aufnehmen müssen und wenn ja in welcher Höhe ist unsere Entscheidung und nicht die des Regierungspräsidiums. Wir wissen und dies abschließend , dass auch mit und nach Corona alle Eckdaten Freiburgs aufwärts weisen: das gilt für die gesamte Entwicklung der Stadt, für das Wachsen der Einwohnerzahl, für die Entwicklung der Arbeitsplätze, für die wachsenden Einnahmen Gewerbesteuer, für eine nach wie vor sehr maßvolle Pro-Kopf-Verschuldung. Den Ausgaben der städtischen Gesellschaften entsprechen gewaltige Vermögenszuwächse. Unsere Aufgabe wird es sein in den nächsten Monaten darüber zu entscheiden, was notwendig ist für diese Stadt und ihre Entwicklung, und was verzichtbar oder verschiebbar ist.
Wir können erahnen, wie viel Arbeit seitens der Verwaltung in diesem Haushaltsplanentwurf steckt und wie viel Bemühen, uns einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dafür möchten wir uns jetzt schon bedanken, und zwar auch dann, wenn wir manches anders beurteilen oder beschließen werden.