Michels Rede zum neuen Mietspiegel: Unsere Kritik und Ablehnung.

Portrait Michael Moos

Unsere Fraktionsgemeinschaft lehnt den neuen Mietspiegel ab. Und das keineswegs nur wegen der Kritik an den gesetzlichen Vorgaben der Erfassung. Wir können diese Mietenentwicklung nicht einfach abnicken. Mit unserem Nein verbinden wir die Hoffnung, dass allen Vermietern bewusst wird, dass diese Entwicklung der Mietpreise nicht weitergehen darf.

Mit dem neuen Mietspiegel 2021/2022 wird die durchschnittliche monatliche Nettokaltmiete in Freiburg mit 9,79 €/m2 ! angegeben. Dieser Wert liegt um 18,7% über dem des letzten qualifizieren Mietspiegels von 2017. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Steigerung in diesen 4 Jahren 2017-20 von 4,68%. Zahlen, welche die für viele Menschen dramatische Lage im Mietwohnungsbereich widerspiegeln.

Die zulässige Miete im Einzelfall kann zwar, wie die Vorlage der Verwaltung auf S.5 unten sagt, niedriger sein, sie kann aber auch höher sein und liegt tatsächlich im Bereich des frei finanzierten Mietwohnungsbaus in Freiburg in aller Regel deutlich höher.

Was spiegelt der Mietspiegel? Er spiegelt die Mieterhöhungen und Neuvermietungen in Freiburg der letzten 6 Jahre auf Basis von Zufallsstichproben. Es berücksichtigt nicht Mieterhöhungen , die länger als 6 Jahre zurückliegen. Die erhoffte Dämpfung durch die Ausweitung des Erfassungszeitraumes von 4 auf 6 Jahren sei nicht eingetreten, so der im Haupt- und Finanzausschuss befragte Gutachter. Es sei mindestens ein Zeitraum der Erfassung von Mietpreisänderungen von 10 Jahren erforderlich.

Für Mieter, Vermieter, Gutachter und Gerichte spricht bei Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels eine Vermutung dafür, dass die so ermittelte Miete als ortsübliche Vergleichsmiete gelten kann. Ergibt die konkrete Berechnung der Wohnungsmiete nach dem neuen Mietspiegel, dass die vom Mieter bezahlte Miete unter der Mietspiegelmiete liegt, dann kann der Vermieter vom Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung verlangen. Das heißt: verabschiedet der Gemeinderat jetzt diesen neuen Mietspiegel, dann macht er es den Vermietern sehr einfach, die Miete hochzusetzen. Begründung: Mietspiegel.

Verabschieden wir ihn nicht, was dann? Der Vermieter kann ein Gutachten in Auftrag geben, das ist ihm in aller Regel zu teuer. Oder er kann 3 Vergleichswohnungen benennen. Der Mieter kann, muss das aber nicht akzeptieren. Wenn nicht, entscheidet das Gericht. Entgegen der Auffassung der Gemeinderatsmehrheit geht das, es ist wahrscheinlich bei boomenden Städten mit rasanter Mietpreisentwicklung der für die MieterInnen bessere Weg.

Auch deshalb, weil es mit Mietspiegel für Vermieter geförderten Wohnraums sehr einfach ist, die Miete hochzusetzen: 33 % unter dem neuen Mietspiegel und fertig.

Was wir heute ablehnen, ist die aktuelle Mietpreisentwicklung in Freiburg, die wir mit diesem Mietspiegel noch anheizen. Wer soll und kann eine derartige Mietpreisentwicklung noch bezahlen, die weit über der allgemeinen Preisentwicklung und vor allem der Lohn/Gehaltsentwicklung liegt.

Die Ablehnung dieses Mietspiegels soll als Protest verstanden werden gegen die Wohnungspolitik der letzten Jahrzehnte und dafür, alle Kraft einzusetzen, damit der Anteil des gemeinwohlorientierten Wohnungsbaus in Freiburg massiv gefördert wird, dass auslaufende Mietpreisbindungen wann immer möglich verlängert werden, dass mehr geförderter Wohnungsbau gebaut wird, dass preiswerter Mietwohnungsbau geschützt und nicht vernichtet wird (Sulzburger Str. 15-19).

(Anm.: Wir waren leider die einzige Fraktion, welche diesen Mietspiegel ablehnte. Die anderen wollten ihn noch nicht einmal im Gemeinderat diskutieren.)

Rede gehalten in der GR-Sitzung am 7.12.2020 von unserem Stadtrat und Co-Fraktionsvorsitzenden Michael Moos.