Blicken wir einen Moment als Gemeinderat selbstkritisch zurück:
Am 18. Juli 2006, also vor rund 14 Jahren, beschloss der Freiburger Gemeinderat mit den Stimmen der damaligen Fraktionsgemeinschaft Junges Freiburg /die Grünen, der CDU und der Freien Wähler den Verkauf der Stadtbau. Der Verkauf war beschlossene Sache und die ersten Interessenten meldeten sich bereits. Es gründete sich die Bürgerinitiative Wohnen ist Menschenrecht und sammelte Unterschriften für einen Bürgerentscheid, der am 12. November 2006 stattfand. Mit einer überwältigenden Mehrheit von über 70 % entschieden die Freiburger*innen, dass die Stadt Eigentümerin der Stadtbau und der städtischen Wohnungen bleibt. Weder der Engpass im Haushalt, noch die behauptete Befreiung von aller Schuldenlast und auch nicht die gerühmte Sozialcharta konnten die Freiburger*innen überzeugen. An allererster Stelle gebührt deshalb unser ausdrücklicher Dank der BI „Wohnen ist Menschenrecht“ und allen Aktiven und WählerInnen des erfolgreichen Bürgerentscheids dafür, dass die 8.000 Wohnungen bei der der Stadt blieben und wir heute überhaupt in der Lage sind, Beschlüsse zur Stärkung der Stadtbau zu fassen.
Wenn wir heute beschließen, dass die Stadtbau eine Kurskorrektur vornimmt, dann geht dieser Kurswechsel dem DGB Freiburg, dem Mietenbündnis und auch unserer Fraktionsgemeinschaft nicht weit genug, aber es ist unbestreitbar eine Kurskorrektur und ein wichtiger Schritt hin zu einer sozialer aufgestellten Stadtbau.
Der Bürgerentscheid 2006 konnte verhindern, dass die Stadtbau verkauft wurde, er konnte aber nicht verhindern, dass die Stadtbau eine Politik der konsequenten Mieterhöhungen verfolgte und zunehmend mehr ins Bauträger Geschäft einstieg. Auch wurde an Hausmeistern gespart. Die Stadtbau sollte nach dem Willen der Gemeinderatsmehrheit nicht nur nichts kosten, sondern einen Gewinn erwirtschaften, der es unter anderem ermöglichte, jährlich mehrere Millionen € für den Kauf städtischer Grundstücke einzusetzen und damit Geld in den allgemeinen Haushalt zu spülen.
Wir begrüßen ausdrücklich die Abkehr von der maximal möglichen Heranführung der Stadtbaumieten an den Mietspiegel. Die Verwaltung hat uns auf Anfrage mitgeteilt, dass rund 8,5 % der freifinanzierten Stadtbauwohnungen den Mietspiegel bis zu 5% überschreiten, weitere rund 46% unterschreiten ihn bis zu 10% und der Rest um über 10%. Das bedeutet, bei vielen Wohnungen schöpft die Stadtbau den objektbezogenen Mietspiegel ganz oder weitgehend aus. Höchste Zeit also für unseren Beschluss und ein gutes Argument für eine Verlängerung des Mietmoratoriums, damit bis zum 31.12.24, mindestens aber bis zum 31.10.2021 die Mieterhöhungsspirale bei der Stadtbau angehalten wird. Wir unterstützen den Einwohnerantrag 5 Jahre Mietstop und stellen zudem den Antrag Mietstop in jedem Fall bis 31.10.2021. damit zumindest jeder Haushalt der Stadtbau etwas vom Mietmoratorium hat und wir der sehr angespannten wirtschaftlichen Situation der Menschen in Folge der Corona-Krise Rechnung tragen.
Die Stadtbau verfügt über rund 10 % der ca. 90.000 Mietwohnungen in dieser Stadt. Auch nach dem heutigen Tag werden die Mieten in der Stadt für untere und mittlere Einkommen zu hoch sein, insbesondere für Alleinstehende und viele Frauen, die in schlecht bezahlten Berufen arbeiten. Wenn sie alleine wohnen etwa mit einem Kind, dann können schon mal 40 % des Einkommens für die Wohnung draufgehen. Und der nächste Mietspiegel steht zum 1.1.2021 an und damit auch die nächsten Mieterhöhungen, wenn wir kein Moratorium beschließen.
Mieterhöhungen bei der Stadtbau treffen keine Großverdiener, sondern Menschen aus der Mitte der Gesellschaft. Es darf nicht sein, dass die Miete so hoch ist, dass damit andere wichtige Punkte wie Bildung, Nahrung, Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, nur noch eingeschränkt möglich ist. Ob wir dafür genügend Geld haben ? Das fragen sich viele Menschen bei den unterschiedlichsten Punkten. Noch wissen wir überhaupt nicht, was uns der Sozialbonus kostet, den wir beschließen wollen, und deshalb wissen wir auch nicht, wie viel der erwarteten zukünftigen Mieteinnahmen uns im Falle eines Mietmoratoriums entgeht. Aber wir wissen eines, diese Mindereinnahmen kommen denen in der Stadt zu Gute, die es dringend benötigen.
Von diesen Grundgedanken sind auch unsere Anträge bestimmt.
FSB Mietgrenze: die Verwaltungsvorlage vergleicht die Stadtbaumieten mit dem stadtweiten Mietspiegel und möchte erreichen, dass stadtweit immer ein Abstand von 25 % eingehalten wird. Aktuell liegen die Stadtbaumieten 26% unter dem stadtweiten Mietspiegel. Folgen Sie unserem Antrag, dass im Vergleich nicht alle Stadtbaumieten sondern die im freifinanzierten Bereich wie auch beim stadtweiten Mietspiegel herangezogen werden, dann liegen die Stadtbaumieten nur noch 25% unter dem stadtweiten Mietspiegel und die Mietgrenze wäre damit aktuell erreicht, jedenfalls bis zur Beschlussfassung über den neuen Mietspiegel. Der SPD Antrag, der die Stadtbaumieten mit dem quartiersbezogenen Mietspiegel vergleichen will, wird von uns ausdrücklich unterstützt. Er würde verhindern, dass billige Stadtbauwohnungen im Westen der Stadt mit teuren Mietwohnungen in der Wiehre verglichen werden.
Nun zum Herzstück der Vorlage, dem Sozialbonus: mit unserem Antrag wollen wir erreichen, dass Mieterinnen und Mieter der Stadtbau nicht mehr als 27 % ihres Einkommens für die Nettomiete ausgeben müssen, die Verwaltung schlägt 30 % vor. Nimmt man, was realistisch ist, die Warmmiete als Vergleichsmaßstab so kommt man auch bei unserem Antrag auf mindestens 30 %. Mehr vom Einkommen für Miete auszugeben zu müssen, ist unserer Meinung nach nur schwer erträglich. Was dies die Stadtbau kosten wird wissen wir derzeit nicht, weil wir die Einkommen der Mieterinnen und Mieter nicht kennen. Auch die 30 % der Verwaltungsvorlage können sich auf keine statistischen Daten beziehen. Die 27 % werden unter anderem von der Hans Böckler Stiftung gefordert, die 2017 bereits berechnet hat, dass die durchschnittliche Mietbelastungsquote in deutschen Großstädten derzeit bei knapp über 27 % vom Einkommen liegt.
Für eine schiere Selbstständigkeit halten wir unseren Antrag, dass der Sozialbonus auch Mieterinnen und Mietern zu gute kommen muss, deren Wohnungsgröße nicht angemessen ist im Sinne des Landes Wohnraumförderungsgesetzes, denen aber die Stadtbau keine kleinere Wohnung anbieten kann.
Und wir wollen die Mieterinnenbeteiligung stärken und fordern die Stadtbau auf, gemeinsam mit dem Mieterinnenbeirat hierzu eine Konzeption zu erarbeiten. Die MieterInnen möchten eine aktive Rolle in der Gestaltung ihres Wohnumfeldes einnehmen, z.B. über MieterInnen- oder Quartierstreffen. Das nutzt auch den Quartieren und damit der Gesamtstadt.
Schließlich unterstützen wir das Mietenmoratorium. Sollte der Bürgerantrag, bis zum 31.12.2024 das Mietenmoratorium zu verlängern, keine Mehrheit finden, beantragen wir das Moratorium zumindest bis zum 31.10.2021 und damit auf insgesamt 3 Jahre auszuweiten. Wir wollen nicht, dass in der durch die Coronakrise ohnehin in vielen Haushalten sehr angespannten Situation Mieterhöhungen das Leben zusätzlich belasten.
Weiter wollen wir, dass die Stadtbau ihr soziales Engagement gegenüber ihren MieterInnen ausbaut. Wir wünschen uns, dass der sog. Haus- und Integrationsservice schneller als vorgesehen aufgestockt wird. Wer die vielfältigen Klagen der MieterInnen kennt weiß, wie wichtig dies für das Miteinander im Haus und im Quartier ist.
Wir unterstützen das Anliegen des Behindertenbeirates zur Barrierefreiheit aller Neubauwohnungen der Stadtbau. Wir brauchen diese Wohnungen dringend und der Nutzen wiegt unseres Erachtens den minimalen Verlust von Wohnfläche bei weitem aus.
Wir sind schließlich auch ausdrücklich bereit, die Stadtbau mit einer Stärkung ihres Eigenkapitals von 5 Mio. € und der unentgeltlichen Übertragung der Grundstücke im Metzgergrün zu stärken, damit die Stadtbau in Zukunft jährlich 250 Wohnungen neu erstellen kann.
Wir unterstützen den Verwaltungsvorschlag, der vorsieht, dass die Stadtbau im Neubau in Zukunft nicht mehr 40% Eigentumswohnungen sondern nur noch 25% erstellt, damit der Anteil der Mietwohnungen in Zukunft 75% beträgt, hiervon 50% sozial geförderter Wohnungsbau. Es sind diese Mietwohnungen, die wir dringend benötigen. Ein städtisches Unternehmen wie die Stadtbau, das zu 60% Bauträgergeschäft betreibt, verfehlt nicht nur seinen in der Satzung festgelegten Zweck sondern bewegt sich nach § 102 der Gemeindeordnung an der Grenze der Zulässigkeit, die davon abhängt, dass der Zweck des Unternehmens von einem privaten Träger nicht erfüllt wird bzw. erfüllt werden kann. Die Stadtbau ist das zentrale Instrument der Stadt für die Versorgung von Mieterinnen und Mietern mit niedrigen oder mittleren Einkommen. Seien wir froh, dass wir sie haben und stärken wir sie so gut wie irgend möglich, zum Nutzen der MieterInnen und der ganzen Stadt.