Neue Sondernutzungsrichtlinien für die Innenstadt

Neue Sondernutzungsrichtlinien für die Innenstadt (G-23/219) Interfraktioneller Änderungsantrag zu TOP 13 der Gemeinderatssitzung am 12.12.2023

Sehr geehrter Oberbürgermeister Horn,

die unterzeichnenden beantragen die Änderung des Beschlussantrags in Ziffer 1 und 4 mit nachstehender Formulierung sowie die Ergänzung um Beschlussziffern 5 und 6:

  1. Der Gemeinderat beschliesst die Sondernutzungsrichtlinien für die Innenstadt der Stadt Freiburg i. Br. gemäß der Anlage mit folgenden Änderungen ebendieser Anlage:
    (a)2.2.1 Allgemeine Erteilungskriterien, 3. Absatz, Streichen von „Bei Gehwegen oder Gassen mit geringem Fußgängerverkehr kann im Einzelfall eine verbleibende, hindernisfreie Restgehwegsbreite von mindestens 1,80 m akzeptiert werden.“
    (b)2.2.2 Kriterien zugunsten der Barrierefreiheit, 2. Spiegelstrich: Rechts und links von Blindenleitsystemen ist ein Abstand von 45 cm einzuhalten.
    (c)2.3. Kommerzielle Nutzung, 2. Spiegelstrich: Für jährlich vier bis zu dreitägige individuelle Aktionen pro Händler_in vor oder an ihrer/seiner Betriebsstätte. Pro Tag dürfen Aktionen von maximal bis zu vier Gewerbebetrieben stattfinden, die möglichst dezentral verteilt sein sollen, diese Beschränkung gilt nicht für Aktionen, die Gewerbebetriebe in einem räumlich abgegrenzten Gebiet gemeinsam veranstalten, z.B. in einem Innenstadtquartier wie der Schneckenvorstadt oder einer spezifischen Einkaufsstrasse. Die Nutzung der Verkehrsflächen vor den Arkaden in der Kaiser-Joseph-Straße ist dabei aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen.
    (d)2.4 Abstellanlagen für Fahrräder: Die Aufstellung von privaten Fahrradabstellanlagen im öffentlichen Raum ist grundsätzlich nicht erlaubt. Diese Anlagen können ausnahmsweise zugelassen werden, wenn sie mit Ausnahme des Betriebsnamens/-logo keine Werbung enthalten und den Fußgängerverkehr nicht beeinträchtigen
    (e) 3.2.2 Freisitzfläche auf Parkplätzen, Erster Spiegelstrich: Es werden maximal 3 Parkplätze pro Gaststätte als Freisitzfläche zugelassen.
    (f) 3.2.2. Freisitzfläche auf Parkplätzen, dritter Spiegelstrich: Streichen.
    (g) 3.2.3. Sonnenschirme, 3. Satz: Werbeaufdrucke sind mit Ausnahme des Betriebsnamens/-logos nicht zulässig und dürfen die Größe DIA A4 nicht überschreiten.
  1. Der Gemeinderat beschließt, dass die Jahresgebühren für Sondernutzungen gemäß §5 der Sondernutzungsgebührensatzung der Stadt Freiburg wie bislang rückwirkend für das jeweilige Kalenderjahr erhoben werden.
  2. Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung für die zentralen Plätze der Innenstadt (Kartoffelmarkt, Münsterplatz, Rathausplatz, Augustinerplatz, Platz der Alten Synagoge, Adelhauser Klosterplatz) im Rahmen des Innenstadtprozesses oder anderen geeigneter Verfahren gesonderte Konzepte für die Ausweisung von Sondernutzungsflächen vorzulegen. Bis dahin sind Sondernutzungen nur im bislang ermöglichten Umfang, wie er sich aus den Anlagen zu den bisherigen Sondernutzungsrichtlinien und bereits zusätzlich genehmigten Flächen ergibt, zu genehmigen.
  3. Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung im ersten Quartal den Gemeinderatsbeschluss vom 26.5.2020 umzusetzen und ein Verfahren zur temporären Nutzung von Stellplätzen für nichtkommerzielle Nutzungen vorzulegen. In diesem Zusammenhang wird die Verwaltung beauftragt, darzustellen, unter welchen Voraussetzungen eine längere Nutzung von Parkplätzen als 6 Monate möglich wäre und welche Schritte dazu nötig wären.

Begründung
(a) Die „Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen“ sehen eine Gehwegbreite von mindestens 2,50 m vor. Der Vorschlag der Verwaltung sieht geringere Querschnitte bei „geringen Fußgängerverkehr“ vor. Verkehrsmengen sind immer eine Momentaufnahme und können sich rasch, z.B. durch Ansiedelung von hochfrequentierten Handelsgeschäften ändern. Deshalb ist dies kein geeignetes Kriterium für die Abweichung vom Regelfall. Zudem könnte an manchen Stellen der Altstadt auch eine Restgehwegbreite von 1,80m unterschritten werden (z.B. wenn Fussgängerzone besteht und auch der Strassenraum für Fußverkehr genutzt wird), wenn im Benehmen mit Akteuren wie z.B. dem Behindertenbeirat und den antragstellenden Sondernutzern eine Lösung gefunden wird. Die vorgeschlagene Streichung des Satzes kann so mehr Flexibilität bei gleichzeitiger Betonung der Regelbreite 2,50m ermöglichen.
(b) Blinde Menschen sind auf Leitsysteme angewiesen. Daher ist ein Abstand zu Blindenleitsystemen zwingen einzuhalten. Eine Soll-Vorschrift lässt hier zu viel Spielraum.
(c) Die vorgeschlagene Regelung berücksichtigt nicht, dass neben Veranstaltungen des gesamten Einzelhandels, auch Teilbereiche der Innenstadt potentiell gemeinschaftliche Veranstaltungen zur Bewerbung einzelner Quartiere/Strassen auf den Weg bringen können. Dies soll ermöglicht werden. Im Rahmen der Fashion-&Fooddays hat sich beispielsweise die Schneckenvorstadt präsentiert, solche räumlich begrenzten Aktionen sollen künftig auch außerhalb stadtweiter Events ermöglicht werden.
(d) Ein generelles Verbot für Fahrradabstellanlagen erschließt sich nicht, insbesondere da die Richtlinien ja nicht nur für die Innenstadt gelten, sondern fürs ganze Stadtgebiet. Durch die Rückkehr zur Formulierung des bisherigen Richtlinien bleibt der Spielraum erhalten in Einzelfällen solche Anlagen zu ermöglichen.
(e) Zahlreiche Betriebe hatten in der Vergangenheit mehr als einen Parkplatz genutzt. Weshalb hier eine Beschränkung auf einen Parkplatz vorgeschlagen wird, wird nicht näher begründet.
(f) Da vielerorts eine Ausweitung von regulären Sondernutzungsflächen nicht möglich ist, würde ein rigider Ausschluss der Nutzung von Parkplätzen entsprechenden Betrieben schaden.
(g) Um von anderen Städten unterscheidbar zu sein und eine hohe Qualität des Stadtbilds aufrechtzuerhalten, sollten Möblierung und Schirme nur den Betriebsnamen beinhalten, nicht aber Werbung über teilweise bundesweit agierende Getränkekonzerne. Warum hier bei Schirmen andere Regelungen wie bei Möblierungen gelten sollen, erschließt sich nicht.

  1. Die bisherige Regelung einer nachgelagerten Gebührenerhebung hat nach unseren Informationen zu keinen Zahlungsausfällen geführt. Die Gastronomiebranche steht nach wie vor vor großen Herausforderungen, zahlreiche Betriebe sind zum Jahresanfang immer unter Druck, weil hier noch keine Umsätze mit Außenbewirtung erzielt werden können und zahlreiche Kosten zu Beginn des Jahres anfallen. Eine nachgelagerte Gebührenerhebung hilft der Branche, indem zu Jahresbeginn eine höhere Liquidität in den Betrieben verbleibt.
  2. Insbesondere die Nutzung zentraler Plätze kann von einer Ausweitung von Sondernutzungszonen betroffen sein. Die Innenstadt benötigt aber auch Platzbereiche ohne kommerzielle Nutzung, z.B. zum Ausruhen oder zum Zusammenkommen ohne Konsumzwang. Auch touristisch sind Innenstädte dann. Attraktiv, wenn sie ein gelungenes Zusammenspiel aus ruhigen und belebten Zonen anbieten. Daher soll einer massiven Ausweitung zum jetzigen Zeitpunkt vorgebaut werden und ein Konzept zu einer verträglichen Nutzung zentraler Plätze erstellt werden, das mögliche Außengastronomieflächen konkret benennt. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auch auf die für uns nicht nachvollziehbare Streichung des Satzes „Quantitativ ist in manchen Bereichen der Innenstadt die Grenze der zumutbaren Einschränkung des Gemeingebrauchs durch Sondernutzungen erreicht.“
  3. Der Gemeinderat hat – einstimmig – am 26.5.2020 die Stadtverwaltung beauftragt „eine Änderung der Sondernutzungsrichtlinien mit dem Ziel einer leichteren Genehmigung der Umnutzung von Parkplätzen zu anderen Nutzungen wie z.B. Außensitzflächen für die Gastronomie oder sog. Parklets vorzulegen.“ Die Verwaltung ist diesem Auftrag mit der vorliegenden Drucksache nur teilweise nachgekommen. Aufgrund der Witterrungsbedingungen in Freiburg ist die Zeit in der Aussengastronomie sinnvoll möglich ist, oft länger als ein halbes Jahr. Strassenverkehrsrechtlich ist wohl nur eine Genehmigung für ein halbes Jahr möglich – hier erwarten wir, dass dargestellt wird, mit welchem Aufwand hier andere Lösungen wie z.B. ein Umwidmung von Stellplätzen möglich sind.

Mit freundlichen Grüßen

Lina Wiemer-Cialowicz, Emriye Gül // Eine Stadt für alle
Simon Waldenspuhl, Ramon Kathrein // JUPI
Julia Söhne, Ludwig Striet, Ismael Hares // SPD/Kulturliste
Sophie Schwer, Timothy Simms, Dr. Maria Hehn // Grüne
Sascha Fiek, Christoph Glück // FDP/BFF