ÖPNV braucht andere Finanzierungsgrundlage statt immer weitere Preiserhöhungen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Liebe Anwesende,

Unserer Fraktion ist es auch dieses Mal wichtig die Fahrpreiserhöhungen öffentlich einzuordnen. Wie jedes Mal, sind die Fahrpreiserhöhungen aus Sicht der VAG als Unternehmen und aus Sicht des kommunalen Haushalts alternativlos. Angesichts der vielen Erwartungen an den ÖPNV im Rahmen der Verkehrswende muss man über diese Alternativlosigkeit umso dringender diskutieren.

Anders als die Preiserhöhungen der letzten Jahre, die sich vor allem aus den allgemeinen Preissteigerungen ergeben haben, sind die aktuellen Preiserhöhungen anders. Sie spiegeln eine außerordentliche Inflationsentwicklung wieder und machen schmerzlich deutlich, wie sehr auch der ÖPNV von den Preisen nicht regenerativer Energie-Erzeugung abhängig ist.
Dieses Phänomen trifft die Republik als Ganzes, die sich über Jahrzehnte mit diesen Energiequellen eingerichtet hat, mit allen bekannten Folgen – für das Klima aber auch der Tatsache, dass wir Despoten auf aller Welt regelmäßig mit frischem Geld versorgt haben.

Daraus beginnen wir leider noch viel zu langsam zu lernen. Und auch mit dem Umstieg auf immer mehr Elektrobusse, wird der ÖPNV in der Fläche, leider noch sehr lange nicht auf Diesel verzichten können.

Auf der anderen Seite dieser Entwicklung steht die Klimabewegung, die uns nachdrücklich auffordert, die Preise im ÖPNV zu senken, bis hin zum Nulltarif, und die den Ausbau der ÖPNV fordert. Das alles, ist eigentlich ebenso alternativlos, wenn wir auf den Klimawandel schauen und seine existenziellen Folgen für uns alle.
Dazwischen steht die Politik der Bundes- und Landesregierungen, die aufgrund ihrer Steuerhoheit eigentlich die Voraussetzungen schaffen müsste, damit die Kommunen die ausgerufenen Klimaziele erreichen können.

Jetzt kann man nicht gerade sagen, dass das Politikmachen angesichts des Kriegs in der Ukraine leicht ist.

Es muss unseres Erachtens dennoch mehr getan werden, mehr Geld gegeben werden um den ÖPNV so auszufinanzieren, dass es zu einem Ausbau des Angebots kommen kann, bei gleichzeitig attraktiver und sozialer Preisstruktur, die wir mit jeder Fahrpreiserhöhung zunehmend verlassen.

Man kann die Augen noch eine Weile davor verschließen, aber ohne Steuererhöhungen auf große Einkommen wird es nicht gehen.

Am Ende dieser Fresskette stehen vorerst wir als Gemeinderat, der die heutige Druckvorlage zur Kenntnis nehmen kann und dann in der Folge den Bürger:innen erklären muss – denen, die auf einen aktiven Kilmaschutz und Nulltarife drängen und denen, für die Mobilität immer teurer wird.

Jetzt könnte man meinen, mit dem 49-Euro-Ticket und dem Jugendticket wird doch alles gut. Aber so einfach ist es nicht.

Zum einen ist das 49-Euro-Ticket nur online und nur im Abo erhältlich. Das schließt erstmal auch viele Menschen aus. Insbesondere im Bereich des Sozialtickets werden wir uns dazu eine Alternative überlegen müssen.

Hinzu kommt, dass die Einführung des 49-Euro-Ticket zum 1. Januar und auch zum 1. März noch gar nicht sicher ist. Käme das 49-Euro-Ticket nicht oder später, würde eine erste Welle der beschlossenen Preiserhöhungen voll auf die Bürger:innen durchschlagen. Das wäre ein verkehrspolitischer Super-Gau.

Aber auch wenn das 49-Euro-Ticket sicher kommt, bleiben doch die Preiserhöhungen bei den Einzelfahrscheinen, den Kurzstreckentickets und der übertragbaren Regiokarte. Gerade diese Produkte sind es aber, die gerade auch von Menschen genutzt werden, die weder ein Auto haben, noch sich die Fahrkarten im Abo leisten können, oder die sich zusammen mit anderen eine Fahrkarte teilen. Wir treffen mit diesem Segment der Preiserhöhungen womöglich genau die Falschen.

All das – von ÖPNV-Finanzierung, über Klima bis hin zu sozialen Frage – zwingt uns über diese Alternativlosigkeit der Fahrpreiserhöhungen dringend nachzudenken und alternativen zu finden und zu diskutieren.

Der aktuelle Zustand der ÖPNV-Finanzierung aus einem Teil öffentlicher Mittel plus direkter Nutzer:innenfinanzierung kann keine abschließende Antwort sein.

Der Trend zu einer größeren Finanzierung des ÖPNV aus Steuermitteln muss noch schneller weitergehen und den Umfang der Ausbaunotwendigkeiten abdecken.

Auf lokaler Ebene müssen wir die Idee des Mobilitätspasses, als allgemeine Mobilitätsabgabe noch viel schneller voranbringen und uns ernsthaft und strukturiert damit beschäftigen.
Auch wenn man, wie einige hier im Haus, strikt gegen ein Nulltarif ist, dass die ÖPNV-Preise nicht einfach noch weiter steigen können, wissen wir im Grund alle.

Danke für die Aufmerksamkeit!