Schon 2012 gab es Widerspruch inner- und außerhalb des Gemeinderats – u.a. von unseren Fraktionsmitgliedern Moos und Vogel – gegen den Beschluss, die Karlskaserne zur Re-Finanzierung des neuen Verwaltungszentrums im Stühlinger zu verkaufen. Die kritischen Stimmen werden nun lauter, je mehr eine zukunftsfähige Innenstadt nach einem grundlegenden, neuen Konzept zur Belebung verlangt, in dem die denkmalgeschützte Karlskaserne am Europaplatz eine wichtige Rolle spielen sollte. In einem interfraktionellen Antrag im Juli 2021 haben wir das aufgegriffen und um Prüfung alternativer Nutzungs- und Vermarktungsmöglichkeiten für die Karlskaserne gebeten. „Ziel sollte sein, das Eigentum am Grundstück in dieser für die Stadtentwicklung so zentralen Lage nicht zu verlieren und dabei gleichzeitig eine Gebäudenutzung sicherzustellen, die zur Steigerung der Besucher:innenfrequenz und Attraktivität der Innenstadt beiträgt.“
Aus der Verwaltungsspitze ist nun zu hören, die Karlskaserne werde doch nicht verkauft. Noch sind viele Fragen zu klären und noch ist die Mehrheit des Gemeinderats davon zu überzeugen, dass eine Finanzierung des zweiten Bauabschnitts im Stühlinger auch anders möglich ist. Die Alternative für die Karlskaserne heißt Erbpacht mit vielen Vorteilen für die Stadt. Vor allem bleibt sie Eigentümerin des Grundstücks. Jetzt braucht es kluge Ideen für eine Weiternutzung des Gebäudes.
Es braucht endlich ein Gesamtkonzept
Die Ära der großen Kaufhäuser ist zu Ende, die kleinen, inhaber:innengeführten Läden müssen gestärkt werden. Was den Geschäften zu schaffen macht, sind zunehmender Onlinehandel und hohe Gewerbemieten. Dagegen können Stadtverwaltung, FWTM und Gemeinderat nichts tun. Aber anstatt jetzt schon wieder über kleinteilige Maßnahmen wie Blumenkästen oder gar verkaufsoffene Sonntage zu reden, muss ein Gesamtkonzept die Frage beantworten, welche Nutzungen das Herz der Stadt weiter pulsieren lässt. Klar ist, die Innenstadt ist mehr als nur Konsumort. Sie muss wieder mehr zum Wohnort werden, sie braucht Kunst und Kultur und neue Impulse durch Gründer:innen, Nachtleben und konsumfreie Aufenthaltsorte drinnen und draußen, sie soll Bürger:innen Freiburgs und der Region sowie Tourist:innen gleichermaßen anziehen.
Voraussetzung für eine politische Steuerung ist eine aktive Liegenschaftspolitik der Stadt. Was in Paris und Hanau möglich ist, geht auch in Freiburg: Ein Vorkaufsrecht für Innenstadtimmobilien. Und was längst überfällig ist: Park-and-Ride am Stadtrand ermöglichen, kombiniert mit kostenlosem Nahverkehr mindestens am Wochenende. Fakt ist: Die Rettung unserer Innenstadt geht uns alle an und sie gehört ins Zentrum politischen Handelns. Das ist nicht umsonst zu haben, aber eine öde Innenstadt können und wollen wir uns nicht leisten.
Lina Wiemer-Cialowicz / Irene Vogel