Kaum ein Thema hat Freiburg in den letzten Wochen derart bewegt, wie das Wiedererwachen des Nachtlebens nach Monaten der Corona-Stille. Bei lauen Temperaturen sind viele Menschen zusammengekommen, um sich im freien zu treffen. Wie immer, wenn sich viele Menschen an einem Ort versammeln, bringt das auch Konfliktpotential mit sich. Eine Demo gegen die Schließung des Spätis und Wut über die Verharmlosung der Beteiligung von zwei leitenden Polizeibeamten an einer rassistischen Hetzjagd und den Umgang mit einem rechtsradikalen Angriff auf Linke und einen Ersthelfer durch die Freiburger Polizei haben für eine teilweise aufgeheizte Stimmung in der Stadt gesorgt und das martialische Auftreten der Polizei hat die Situation auch nicht entspannt.
Kulturkampf um Lärm und Müll
Besonders erregen sich die Gemüter in den Kommentarspalten aber an zwei Themen: Lärm und Müll. Auch uns gefallen Müllhaufen in der Stadt natürlich nicht. Daher begrüßen wir die Aufstellung eines nicht zu übersehenden Containers auf dem Platz der Alten Synagoge, der die vereinzelten und unscheinbaren Müllbehälter gut ergänzt. Aber wenn sich 1000 Menschen auf einem Platz aufhalten, muss man auch die Realität anerkennen, dass immer Müll zurückbleiben wird. Beispielsweise im Umfeld von Fußballspielen lässt sich leicht beobachten, dass dieses Phänomen keineswegs exklusiv junge Menschen betrifft. Eine moraltriefende Debatte über die „Verkommenheit der Jugend von heute“ wird nicht zu einer Verbesserung beitragen. Solche Diskurse werden von denen, die sich sowieso nur eine geleckte, auf den Konsum fokussierte und stille Stadt wünschen, auch zu oft als Angriff auf Freiräume genutzt. Folge sind repressive Maßnahmen wie das völlig am Problem vorbei gedachte Glasflaschenverbot und Überlegungen zu einem Betretungsverbot, auch wenn sich dieser Vorschlag glücklicherweise bisher nicht durchsetzen konnte.
Das Einzige was Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum nachhaltig entschärfen wird, ist Entzerrung. Es fehlt schlicht an Alternativen zu den Hotspots. Die Stadt muss endlich daran arbeiten, weitere Plätze attraktiv zu machen. Statt der Schließung des Spätis wäre eine sehr viel konstruktivere Maßnahme gegen Menschenmassen am Lederleplatz die Eröffnung eines Spätis in jedem Stadtteil gewesen und es rächt sich auch die jahrelange Bekämpfung der Rave-Kultur in Freiburg. Der Escholzpark ist nur ein Beispiel für Orte, an denen weniger Anwohnerproblematiken bestehen und die sich für die nächtliche Nutzung anbieten. Solche Plätze attraktiv zu machen, ist auch kein Hexenwerk: Gut beleuchtete An- und Abwege, günstige Konsummöglichkeiten wie ein Späti, geeignete Sitzgelegenheiten und sanitäre Anlagen. Mehr bräuchte es nicht, außer den politischen Willen und das politische Bekenntnis zu jungen Menschen und zum Nachtleben.
- Felix Beuter & Angelina Flaig