Verdrängung löst Probleme nicht – Jahresbericht der Wohnungslosenhilfe

Der Jahresbericht der Wohnungslosenhilfe ist eine gute Gelegenheit, um über Obdachlosigkeit zu sprechen, über ein Thema, das häufig unterzugehen droht. Kein Wunder, denn Armut und Bedürftigkeit haben – so die leider weitverbreitete Annahme – in den Innenstädten und im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit nichts verloren. Die Kehrtwende vor einiger Zeit, die Polizeiverordnung strikter anzuwenden, hatte leider Erfolg: Es gab eine Abnahme obdachloser Personen in der Innenstadt, jedoch eine Zunahme außerhalb dieses Bereichs. Diese Entwicklung ist brandgefährlich für die Betroffenen, die in der Innenstadt deutlich sicherer und für Hilfs- und Unterstützungsangebote besser ansprechbar sind. Außerdem geraten die Problemlagen so aus dem Blickfeld.

Wohnungslosigkeit wird durch die wohnungspolitischen Entwicklungen verschärft. So verwundert es kaum, dass von den vielen Zwangsräumungen ein großer Teil auf Mietrückstände zurückgeht. Doch auch Eigenbedarfskündigungen sind ein riesiges Problem. Diese Probleme hat die kommunale Wohnungsnotfallhilfe zum Glück erkannt und hat die Prävention und die Anschlussversorgung als Zielsetzung festgelegt.
Wer einmal wohnungs- oder obdachlos ist, hat es schwer, eine neue Bleibe außerhalb des Hilfesystems zu finden.

Kein privates Wohnungsunternehmen ist bereit, diese Menschen mit Wohnraum zu versorgen – auch nicht die Genossenschaften, die sich oft als soziale Vermieter inszenieren. Als Stadt ist es deswegen unsere Aufgabe, bei Grundstückvergaben darauf zu drängen, Wohnraum für wohnungslose Personen zu schaffen. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass es sich bei dabei häufig um ganze Familien mit minderjährigen Kindern handelt.

Sichere und würdige Unterbringung gewährleisten

Der aktuelle Bericht der Wohnungslosenhilfe ist frustrierend und besorgniserregend. Die Kapazitäten in der Notfallunterbringung sind bei weitem nicht ausreichend. Die Unterbringung vieler Menschen auf engstem Raum war schon zuvor ein Problem, doch stößt es in Zeiten der Kontaktbeschränkungen vollends an ihre Grenzen. Nun wäre ein geeigneter Zeitpunkt, sich neue Konzepte zu überlegen, um wohnungslosen Menschen eine sichere und menschenwürdige Unterbringung zu gewährleisten.

Außerdem stehen wir vor einer großen Herausforderung: Zwangsräumungen wurden infolge von Corona zwar ausgesetzt, aber das löst das zugrundeliegende Problem nicht. Zumal viele Menschen derzeit mit gravierenden Einnahmeausfällen konfrontiert sind. Mietrückstände werden größer und damit sind nach Wiederaufnahme von Zwangsräumungen mehr Menschen gefährdet, ihre Wohnungen zu verlieren. Mit dieser Problematik sollten wir uns jetzt beschäftigen und Konzepte entwickeln, um es nicht soweit kommen zu lassen.

  • Angelina Flaig und Felix Beuter