Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Frau Bürgermeisterin,
liebe Anwesende,
in einer Welt, in der aktuell furchtbare Kriege, die Klima- und Umweltkatastrophe sowie die Wohnungsnot und der Mietenwahnsinn unser aller Aufmerksamkeit und Unterstützung fordern, droht im Alltag die große gesellschaftliche Aufgabe der Inklusion leider unterzugehen.
Es ist also gut, dass wir hier und heute diese Herausforderung im Bereich der frühen Kindheit annehmen. Niemand wird sich irgendwie dagegen aussprechen können oder wollen. Alle sind mehr oder eben weniger dafür. Aber sind wir uns auch wirklich einig, wie wichtig das ist? Sind wir bereit, diesen komplexen Prozess, insbesondere für die ganz Kleinen, mit all unseren Möglichkeiten voranzutreiben? Wir werden sehen!
Inklusion will die gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe aller Menschen in und an der Gesellschaft. Unterschiede werden als Bereicherung und als Chance für alle verstanden. Wir alle können also davon nur profitieren. Inklusion meint halt vielmehr als der einschränkende Blickwinkel auf vermeintliche Beeinträchtigungen und Handicaps. Früher hieß es mal: „Behindert ist man nicht. Behindert wird man!“.
Von daher muss es um Chancengleichheit und gleichberechtigte Zugangsmöglichkeiten gehen.
Es geht um Rahmenbedingungen, Hilfen und Unterstützungen, die es überhaupt erst ermöglichen, teilhaben zu können. Aus der Bildungsdebatte sollten wir wissen, dass Teilhabechancen umso größer, Partizipation umso wahrscheinlicher und ein gelingendes Leben umso greifbarer werden, je früher wir anfangen, junge Menschen darin zu unterstützen und zu befähigen, sich selbst zu verwirklichen und zu entfalten.
Inklusion ist, und da dürfen wir uns nichts vor machen, ein wirklich komplexes Unterfangen, das vielschichtige und vielfältige Voraussetzungen, Angebote und Möglichkeitsräume erfordert. Not-wendig sind unterschiedliche Entfaltungsmöglichkeiten, Medien und fachliche Kompetenzen in einem rundum fördernden Setting. Der Einsatz von Heilpädagog_innen und deren vernetzende Koordination und Planung auf der strukturellen Ebene, ist dabei ein wichtiger, allerdings auch nur EIN Baustein in einem umfassenden Rahmenkonzept. Es braucht also weitaus mehr.
An dieser Stelle unterstreichen wir aber grundsätzlich und ausdrücklich die fachlich gelungenen und richtungsweisenden Ausführungen in der Vorlage. Sicher könnten wir auch darüber viel reden und weitere Forderungen stellen, aber wir sagen dazu erst einmal „vielen Dank.“
Aber beim Lesen der Vorlage und diverser Anträge können wir uns nicht des Eindruckes verwehren, dass manche vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen. Deshalb wollen wir noch einmal aus der Vorlage zitieren, dass es das Ziel sei „die Freiburger Betreuungslandschaft so aufzustellen, dass jeder Planungsraum über mindestens eine Kita mit mindestens einer heilpädagogischen Fachkraft verfügt“.
Wenn dagegen jetzt lediglich 230.000 € bereitgestellt wurden, mit denen z.B. 3,2 VZÄ Heilpädagog_innen für maximal 6 Kitas freier Träger aus drei Planungsräumen wie Landwasser, Haslach oder Beurbarung“ zu finanzieren sind, so wirkt dies angesichts von 240 Kitas und rund 12.000 Kita-Plätze in Freiburg als viel zu kurz gegriffen. In der Vorlage selbst wird u.a. auf einen freien Träger verwiesen, der es schafft, für seine 8 Kitas eigene Heilpädag-innen mit 5,4 VZÄ anzustellen.
Zum Zeitpunkt der Haushaltsberatungen war es vielleicht noch nachvollziehbar, dass einige von Ihnen damals meinten, das wäre doch so etwas wie ein Aufschlag. Mehr sei aktuell nicht drinnen. In vielen Sitzungen und Gesprächen wurde immer wieder glaubhaft versichert, dass man bereit sei, aufzustocken, wenn dafür mehr Geld zur Verfügung stehe.
Wir fragen Sie alle nun ernsthaft: Wann, wenn nicht jetzt?
Werden wir künftig mehr Geld hierfür „übrig“ haben, wenn wir es jetzt nicht durchsetzen?
Unsere Fraktion hat sich einmal umgesehen und z.B. festgestellt, dass die um 60.000 Einwohner_innen kleinere Stadt Heidelberg schon jetzt jährlich über 400.000 € für einen ähnlichen Ansatz ausgibt.
In der Vorlage wird darüber hinaus eindrücklich darauf verwiesen, dass seit Jahren die Anzahl und Intensität von Inklusionsleistungen kontinuierlich ansteigen. Pandemie und ihre Folgen sowie andere Auswirkungen der vielfachen Krisenerfahrungen, haben diese Bedarfe und die Zahl der Bedürftigen noch verstärkt. Darunter leiden nicht nur die Kinder und ihre Eltern. Auch und gerade die Mitarbeitende in den Kitas, denen alle unser großer Respekt und Dank gilt, stöhnen und drohen vielfach zusammen zu brechen.
Da ist die von uns zusätzlich beantragte Verdopplung des einfach zu kurz gegriffenen Ansatzes wirklich nicht zu viel verlangt.
Ganz ehrlich, wenn wir die in der Vorlage genannte Zielsetzung ernst nehmen und ernst meinen, dann sollten wir alle den Antrag unserer Fraktion „Eine Stadt für Alle“ zustimmen.
Vielen Dank.