Sehr geehrter Oberbürgermeister,
sehr geehrte Bürgermeister,
liebe KollegInnen und Gäste,
die geplante Gemeinschaftsschule am Tuniberg soll um ein Gymnasium erweitert werden. G9 und wachsende Schülerinnenzahlen an Gymnasien ab 2032 scheinen dies notwendig zu machen. Die Errichtung einer sogenannten „Verbundschule“ wird in den Tuniberggemeinden sehr begrüßt. Sie bedeutet, dass viele Schülerinnen nicht den Weg nach Freiburg nehmen müssen, sondern in räumlicher Nähe zum Wohnort zur Schule gehen können. Alles klingt innovativ und gut umsetzbar, mit gemeinsamem Konzept, gemeinschaftlicher Nutzung von Fachräumen und einer Schulleitung für beide Schulen.
Wir befürworten zwar eine zügige Einrichtung einer Schule im Tuniberg, werden jedoch der Umwandlung des erst 2023 verabschiedeten Konzepts der Gemeinschaftsschule in eine Verbundschule nicht zustimmen. Viele pädagogischen Gründe stehen unseres Erachtens dagegen: Dem Grundgedanken einer Gemeinschaftsschule wird durch den Verbund mit einem Gymnasium widersprochen.
Der inhaltliche Kerngedanke einer Gemeinschaftsschule, und dies stand so in der Begründung zur Gemeinschaftsschule als einziger Schulform in der Beschlussvorlage von 2023, ist „für den gesamten Jahrgang in allen Leistungsstufen konzipiert. Gerade die Durchmischung macht die Gemeinschaftsschule aus und ist nötig, damit das pädagogische Konzept aufgeht. Stärkere Schülerinnen ziehen schwächere mit. Leistungsstärkere profitieren von individualisierten Arbeitsformen mit hoher Selbstorganisation.“ Im Verbund werden die Schülerinnen mit Gymnasialempfehlung das Gymnasium besuchen und die gute Durchmischung findet nicht statt. Damit bleibt das mehrgliedrige Schulsystem erhalten, dessen Erfolge nach wie vor stark vom Elternhaus abhängen, was auch der Schulentwicklungsbericht Freiburg 2024 bestätigt.
Wir teilen die Einschätzung des Vereins „Eine Schule für alle“, dass der Ansatz für sie nicht vorstellbar sei, wie sich ein gemeinsames pädagogisches Grundverständnis im Schulalltag der Verbundschule/des Reformgymnasiums in zwei sich gegensätzlichen und konkurrierenden Schularten im Sinne der Schüler*innen verwirklichen könne, bei unterschiedlichen Unterrichtskonzepten und Leistungsmessung. Gemeinsame außerunterrichtlichen Angebote, wie eine Bibliothek und eine Cafeteria für alle können darüber nicht hinwegtäuschen.
Auch der Verein „Inklusion neu denken“ kritisiert die geplante Verbundschule am Tuniberg.
Zwei getrennte und unter einem Dach vereinte Schularten genügen einer echten Inklusion nicht – trotz einer geplanten Durchlässigkeit der beiden Schularten. Statt paralleler Strukturen bräuchte es ein echtes Miteinander in Form von gemeinsamen Lernräumen, individueller Förderung und dem bewussten Zusammenführen von Vielfalt als gelebter Alltag. Verbundschulen würden aufgrund ihrer verschiedenen Bildungspläne diesem Anspruch nicht gerecht. Vielmehr drohe auch bei ihnen, dass sich bestehende Barrieren verfestigen und die Idee der Inklusion zur bloßen Fassade verkomme. Inklusion jedoch ist nicht nur eine bildungspolitische, sondern eine zutiefst gesellschaftliche und ethische Frage!
Mit der Unterzeichnung der UN- Behindertenrechtskonvention 2009 hat sich Deutschland verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem zu schaffen. Mit der Verbundschule bleibt ein segregierendes Schulmodell erhalten. Nicht mehr drei, aber noch immer zweigliedrig. Statt eines vermeintlichen Fortschritts durch die Verbundschule fordern wir den Ausbau echter Gemeinschaftsschulen für alle Kinder ohne Selektion. Wir lehnen die Vorlage ab. Nur eine Schule für alle wird den gesellschaftlichen, inklusiven Ansprüchen gerecht, die wir unseren Kindern schulden.